Kaum Beweise gegen Högels Chefs

Nach der Hälfte der Prozessdauer gegen ehemalige Vorgesetzte des Patientenmörders Niels Högel sieht das Gericht keine Rechtfertigung für eine Verurteilung. Konkrete Anhaltspunkte fehlten bisher

Im Prozess zur Mitschuld ehemaliger Vorgesetzter an Taten des Patientenmörders Niels Högel lässt sich aus Sicht des Oldenburger Landgerichtes für einen Teil der Angeklagten eine Verurteilung bisher „nicht mit ausreichender Gewissheit“ rechtfertigen. Das gelte für die vier Angeklagten aus dem Klinikum Oldenburg, sagte der Vorsitzende Richter Sebastian Bührmann am Montag in einer vorläufigen Einschätzung des Verfahrensverlaufes etwa zur Hälfte der momentan angesetzten Prozessdauer. Die Beweisaufnahme habe die dafür notwendigen Nachweise bislang nicht erbracht.

In dem Verfahren will die Schwurgerichtskammer klären, ob sich Vorgesetzte Högels mitschuldig gemacht haben. Ihnen wirft die Staatsanwaltschaft in unterschiedlichem Umfang Beihilfe zum Totschlag beziehungsweise versuchten Totschlag jeweils durch Unterlassen vor. Angeklagt sind drei Ärzte sowie drei leitende Pfleger:innen und ein Ex-Geschäftsführer der Kliniken Oldenburg und Delmenhorst.

Zwar gehe die Kammer davon aus, dass sich im Klinikum Oldenburg durchaus ein beträchtliches Misstrauen gegenüber Högel entwickelt habe, sagte Bührmann. Doch auch ein deutliches Unbehagen reiche für die Feststellung vorsätzlichen Verhaltens nicht aus. Abzuwarten bleibe, ob sich das im Verlauf der weiteren Beweisaufnahme ändere. Nötig seien konkrete Anhaltspunkte.

Um in den Oldenburger Fällen zu einem Urteil kommen zu können, prüft das Gericht unter anderem Geschehnisse im November 2001. Bührmann sagte, der Umstand, dass Högel noch im Dezember innerhalb des Klinikums die Abteilung wechseln konnte, spreche gegen Vorsatz bei den Vorgesetzten. Auch weitere Indizien seien nicht stichhaltig.

Der Ex-Krankenpfleger Högel war zu lebenslanger Haft wegen 85 Morden verurteilt worden. Er hatte Patient:innen mit Medikamenten vergiftet, um sie anschließend reanimieren zu können. (epd)