Angebot mit Löchern

GETEILTE REIFEN Leihfahrräder und Carsharing sind in Hamburg auf Wachstumskurs. Aber in vielen Stadtteilen fehlen solche Angebote

„Die Stadt treibt alternative Mobilitätskonzepte nicht ernsthaft genug voran“

DIRK LAU, ADFC

VON FRANK BERNO TIMM

Das Auto springt nicht an. Und nun? Flinkster, das Leihautosystem der Deutschen Bahn (DB), hätte das nächste Auto am Hauptbahnhof – nicht aber in Billstedt. DB-Sprecher Egbert Meyer-Lovis sagt, die Flinkster-Fahrzeuge seien Teil der Mobilitätskette der Deutschen Bahn, also immer in der Nähe von Bahnhöfen zu finden.

Gibt es vielleicht einen roten Flitzer von Stadtrad in der Nähe? Das nächste stünde in Hamm oder in Wandsbek, wie ein Blick auf die Website zeigt. Andere Stadtteile stehen gar nicht auf der Karte: Harburg, Bergedorf – nichts. Helma Krstanoski von der Verkehrsbehörde sagt, mit der DB sei ein Bedienungsgebiet in zwei Stufen vereinbart, das von Altona bis Winterhude und von Wandsbek bis Wilhelmsburg reiche. Es seien 111 Leihstationen mit rund 1.500 Rädern verabredet, aktuell seien es sogar 117. „Eine Erweiterung ist aus finanziellen und vertraglichen Gründen derzeit nicht möglich.“

Das Leihwagensystem Car2go bedient ein Gebiet nördlich, von Wandsbek und Bramfeld im Osten bis Groß Flottbek und Stellingen im Westen, im Norden bis Alsterdorf und Ohlsdorf. „Satelliten“ gebe es in Bergedorf und Poppenbüttel. Sprecher Andreas Leo sagt, die Zahl der Autos sei auf 500 gesteigert worden, Innenstädte seien die „Gegend mit der größten Nachfrage“. Es gebe aber immer wieder Anfragen aus anderen Vierteln. Für die ganze Stadt „müsste man viel mehr Fahrzeuge haben“, weitere Stadtteile zu bedienen sei aber nicht ausgeschlossen.

Ähnlich das Bild beim Carsharing-System Cambio: Von Billstedt aus gesehen ist der Bergedorfer Bahnhof die nächste Station. Sprecherin Petra Dannheim kündigt noch für Juni die nächste Station in Bahrenfeld an. „Wir wachsen von innen nach außen“, innerhalb des Rings 2 sei man inzwischen gut vertreten. Hamburg wäre, was Carsharing angehe, im Gegensatz zu anderen Städten noch entwicklungsfähig. Es gebe dort von früheren, gescheiterten Versuchen „viele gefrustete Kunden“, das ändere sich gerade. Dass ihr Unternehmen schon in Bergedorf vertreten ist, erklärt sie mit einem „Ankermieter“ – ein Kunde habe sich eine Station gewünscht.

Mareike Rauchhaus vom Stadtrad-Konkurrenten Nextbike erinnert daran, dass ihr Unternehmen keine Subventionen wie Stadtrad bekomme – die Verkehrsbehörde spricht von 1,4 Millionen Euro im Jahr. Nextbike konzentriert sich mit seinen 200 Rädern daher auf die Innenstadt. Am weitesten von dort entfernt liegen die Ausleihstellen Eppendorf und Kieler Straße.

Für ADFC-Sprecher Dirk Lau ist offensichtlich, dass sich Leihfahrrad- und Autoteilen-Angebote nur fächerförmig aus der Innenstadt heraus ausbreiten. Stadtrad-Stationen würden eröffnet, wo viele Pendler oder Touristen unterwegs seien: „Teufelsbrück ist der letzte Vorposten, der gerade eröffnet wurde.“ Auch das Carsharing konzentriere sich auf die City. Lau beklagt, der Ausbau dauere auch „weil alternative Mobilitätskonzepte von der Stadt nicht ernsthaft genug vorangetrieben werden“.