Pop-pop-populismus!

Am 2. Juli soll mit den „Live 8“-Konzerten weltweit Druck auf die reichen Nationen gemacht werden, den armen ihre Schulden zu erlassen. Heute schon steht fest, wer davon politisch profitieren wird

VON ARNO FRANK

Bob Geldof organisiert weltweit Konzerte mit weltbekannten Künstlern, um sich für ein „zu weißes“ oder auch „zu kommerzielles“ Line-up tadeln zu lassen. Er verlost einen Teil der Eintrittskarten an Fans, die ihre Tickets dann umgehend bei eBay versteigern. Er fordert schlicht und wuchtig „Gerechtigkeit“ für einen armen Kontinent, der seit Jahrhunderten von den reichen Nationen ausgebeutet wird – und sieht sich prompt von Afrikanern angefeindet, die sich nicht in der traditionellen Opferrolle sehen wollen. Wäre Bob Geldof kein Zyniker, dann müsste er es spätestens dieser Tage werden.

Aber Druck muss aushalten können, wer Druck auf die Politiker der reichen Industrienationen ausübt. Wenn die sich ab dem 6. Juli in Edinburgh zum G-8-Gipfel treffen, soll die Forderung der „Live 8“-Konzerte in London, Philadelphia, Paris, Rom, Tokio, Ottawa und Berlin durchs Fenster hereinschallen: „Make poverty history“! Zeigt Verantwortung! Zeigt Herz!

Allein in Berlin, wo unter anderem Roxy Music, Brian Wilson oder Wir Sind Helden angekündigt sind, steht das Konzert nach Angaben des Veranstalters Marek Lieberberg auf der Kippe. Mangels Interesse seitens der Sponsoren und der Politik. Könnte also sein, dass die Künstler mehr guten Willen als vorgesehen beisteuern und einen Teil der Konzertkosten selbst berappen müssen. Campino von den Toten Hosen findet das blöd: „In Deutschland herrscht so ein komischer Zeitgeist, so eine pseudocoole Haltung, jedes ernsthafte Engagement als Gutmenschentum zu denunzieren. So eine Klugscheißerhaltung ist unerträglich.“

Klug geschissen wäre demnach auch die Frage, wem das Spektakel vorrangig nützt. Cui bono? Afrikanern? Abgehalfterten Künstlern? Bob Geldof und sein Kumpel Bono von U2 meinen es tatsächlich ernst mit ihrem Engagement gegen das Elend. Aber Tony Blair und seinem Schatzkanzler Gordon Brown ist es noch ernster damit, die fallende Popularität von Labour zu bremsen. Und da fügt es sich vortrefflich, wenn, wie 2004 passiert, Bono die beiden britischen Politiker als „die neuen Lennon und McCartney der Entwicklungshilfe“ preist. An Blair und Brown wird es jedenfalls nicht gelegen haben, wenn der G-8-Gipfel ergebnislos verstreichen und somit „die Party ruinieren“ wird. Pop, das ist bestenfalls eine schlichte, einfache Welterklärung in drei Minuten. Ins Politische gewendet, endet Pop zwangsläufig als positiver Populismus.