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„Sport ist die größte Politik“

Während Wellbrock sich für 800-m-Gold einschwimmt, spricht der Ukrainer Romantschuk übern Krieg

Florian Wellbrock hat auf seiner Problemstrecke 800 m Freistil einen guten WM-Einstand beim Championat in Budapest hingelegt, bei 400-m-Silber-Gewinner Lukas Märtens war „der Tank leer“. Aus dem mit Spannung erwarteten Duell um Edelmetall der beiden Magdeburger Schwimmkollegen wird zumindest auf der 800-m-Distanz also nichts. Während Wellbrock als Zweitschnellster der Vorläufe am Dienstagabend zu den Topfavoriten auf eine Medaille zählt, bekommt Märtens nach dem 200-m-Freistil-Finale am Montagabend eine Pause.

„Es war grundsolide. Ich hatte gedacht, wir sind schneller unterwegs. Mit einer Zeit von 7:42 Minuten hatte ich gerechnet“, sagte Wellbrock, der nach 7:44,75 Minuten anschlug und damit fünf Hundertstelsekunden langsamer war als sein Freund und Trainingspartner Michailo Romantschuk aus der Ukraine.

Verteidigung Europas

Für Romantschuk geriet nach seinem starken WM-Vorlauf der Krieg in der ukrainischen Heimat schnell wieder in den Vordergrund. Mit emotionalen Worten sprach der Top-Schwimmer in den Katakomben der Budapester Duna Aréna über die russische Invasion. „Wir verteidigen nicht nur die Ukraine, wir verteidigen ganz Europa“, sagte der zweimalige Olympia-Medaillengewinner von Tokio am Montag. „Ich weiß, dass mehr als zehn Sportler während des Krieges gestorben sind. Wenn Leute sagen, Sport ist nicht Politik, ist das nicht richtig. Sport ist die größte Politik.“

Romantschuk hatte sich als Vorlaufschnellster direkt vor seinem Freund Florian Wellbrock für das Finale qualifiziert. Wegen des Krieges trainieren die beiden zusammen in Magdeburg. „Vielen Dank an das deutsche Team und an Florian. Das hilft mir sehr. Es ist mir eine Freude, Teil ihrer Gruppe zu sein“, sagte Romantschuk. Der 25-Jährige stellte klar: „Wenn mich kein deutsches Team eingeladen hätte, wäre ich nicht hier.“

Laut Florian Wellbrock war Romantschuk nach Deutschland gekommen, „als seine letzte Trainingshalle mit einem 50-Meter-Becken kaputt gebombt wurde“. Nach dem Rennen klatschten die beiden freundschaftlich ab. (dpa)

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