berliner szenen
: Wie Ware an der Fleischtheke

Vor der Pizzeria sitzen vier Bier trinkende Männer. Im Vorbeigehen spüre ich ihre Blicke und bin genervt, dass ich mir für den Gang keine lange Jacke übergezogen habe. Noch im gleichen Moment ärgere mich über meinen eigenen Gedanken: Als ob ein Kleid eine Einladung wäre, angestarrt zu werden. Da ruft einer: „Wie kann man nur so schön sein?“

Ich ignoriere den Kommentar und gehe eine Pizza bestellen. Er kommt nach, guckt bedröppelt und meint: „Dummer Spruch, oder?“ Ich nicke. Er zögert: „Ist aber so.“ Ich überlege angestrengt, was ich kontern könnte, denke an: „Danke, jetzt fühle ich mich wie Ware an der Fleischtheke“, aber der Satz kommt mir einfach nicht über die Lippen, also gehe ich zurück zu meinem Tisch vor dem Café nebenan.

Als meine Freundin und ich kurz darauf unsere Café-Rechnung zahlen wollen, steht der Mann von der Pizzeria an der Theke und fragt die Freundin: „Hast du studiert?“ Sie nickt: „Bibliothekarin.“ Er runzelt die Stirn: „Das ist ja in etwa so scheiße wie Bayern-München-Fan.“ Dann mustert er mich von oben bis unten und meint: „Und du bist Kriminalkommissarin.“ Ich grinse amüsiert: „Genau. Kriminalkommissarin.“

Er ordert eine Runde Schnaps. Die Freundin winkt ab: „Wir müssen los. Unsere Männer warten.“ Er sieht sie schief an: „Ihr habt doch keine Männer!“

Vor der Kneipe frage ich: „Warum Männer? Wir wären den doch auch so losgeworden!“ Sie schüttelt den Kopf: „Solche Typen lassen sich nur von Männern abschrecken.“ Und fügt nachdenklich hinzu: „Aber wieso hat er eigentlich bezweifelt, dass wir Männer haben?“ Ich runzele die Stirn: „Vielleicht, weil liierte Frauen in seiner Welt nicht ohne ihre Männer um die Häuser ziehen?“ Sie grinst: „Nee, nur verheiratete Männer wie er. Er hatte einen Ehering.“ Eva-Lena Lörzer