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Anbieter zufrieden, Gäste nicht

Die Hotelpreise in Schleswig-Holstein sind gestiegen, trotzdem haben viele Tou­ris­t:in­nen Lust, im Norden Urlaub zu machen. Die Branche ist optimistisch, die Gäste haben Kritik am Preis-Leistungs-Verhältnis

Gute Zahlen, steigende Kosten, Mangel an Arbeitskräften, wieder aufkommende Konkurrenz durch Flugreisen – der Tourismus in Schleswig-Holstein agiert zwischen Optimismus und schwieriger werdenden Rahmenbedingungen. Die Momentaufnahme des am Montag in Neumünster vorgestellten Tourismusbarometers des Sparkassen- und des Tourismusverbandes fällt positiv aus. „Ich bin zufrieden mit dem Ergebnis der vergangenen zwei Jahre“, sagte Tourismusminister Bernd Buchholz (FDP) unter Hinweis auf die Coronapandemie. „Die derzeitige Lage sieht okay aus.“

32,4 Millionen Übernachtungen in Häusern mit mindestens zehn Betten bedeuteten zwar 2021 noch ein Minus von 10,0 Prozent zum Vor-Corona-Jahr 2019, das war aber der deutlich niedrigste Rückgang in Deutschland. Dieser betrug im Bundesschnitt 37,4 Prozent.

In dieses Jahr startete die Branche im Norden gut. Das Übernachtungsvolumen stieg in den ersten vier Monaten um 4,4 Prozent über das Niveau im Vergleichszeitraum des Vor-Corona-Jahres 2019 und die Ankünfte legten um 3,0 Prozent zu. Dies geht aus Angaben des Beratungs- und Marktforschungsunternehmens DWIF-Consulting für das Tourismusbarometer hervor. Auch die Buchungszahlen für die nächsten Monate verheißen demnach weitere Steigerungen.

Leute fliegen nach Malle

Aber es gibt auch wieder Konkurrenz angesichts der veränderten Coronalage: „Man kann wieder mit dem Flieger nach Mallorca“, sagte Buchholz. Dieser Markt sei wieder da. „Das wird eine Herausforderung.“ Buchholz warnte vor Qualitätseinbußen infolge des Fachkräftemangels, zum Beispiel mit Ruhetagen von Montag bis Mittwoch. Das könne dazu führen, dass man an einigen Orten zu weit fahren muss, um essen zu gehen.

„Die Reiselust, die ist da“, sagte DWIF-Sprecher Karsten Heinsohn. Für dieses Jahr sei auch das Reisebudget noch vorhanden. Allerdings sind die Hotelpreise im vorigen Jahr im Land um 31 Prozent über das Niveau von 2019 gestiegen, während sie in Deutschland insgesamt um 14 Prozent sanken. 2019 waren im Norden im Schnitt 98 Euro für eine Nacht zu zahlen, 2021 dann 128 Euro. Die Zahl der Hotelplätze ist im Übrigen etwa konstant geblieben. Es kamen ungefähr so viele qualitativ höherwertige hinzu, wie ältere vom Markt verschwanden.

Gesunken ist laut DWIF seit 2019 die Gästezufriedenheit. Das Preis-Leistungs-Verhältnis habe sich verschlechtert. Die Leistung hoch zu halten, ist angesichts des Nachwuchsmangels allerdings doppelt schwer. Und der soll noch zunehmen; jeder vierte Ausbildungsplatz sei unbesetzt. Die Betriebe sollten außer der Mitarbeitersuche auch die Mitarbeiterbindung stärker in den Fokus nehmen, riet Heinsohn. Zudem sollten Abläufe optimiert werden. Gäste seien Befragungen zufolge auch durchaus bereit, bei personalintensiven Dingen Abstriche hinzunehmen, etwa beim Zimmerservice, Beispiel Häufigkeit des Handtuchwechsels, bei Öffnungszeiten oder im Hinblick auf den Umfang der Speisekarte. Für eine komplette Automatisierung von Teilbereichen sei die Akzeptanz aber sehr gering.

Weniger Geld für Urlaub

„Wir haben ein stabiles Hoch zu verzeichnen“, sagte Sparkassenverbandspräsident Oliver Stolz zur aktuellen Lage. Die Menschen wollten im Norden Urlaub machen. Auch er sieht den Fachkräftemangel als Problem. Laut DWIF ist die Zahl der Beschäftigten in der Branche von 2019 auf 2021 um 10,6 Prozent gesunken, in Deutschland insgesamt um 15,9 Prozent.

Es sei höchst fraglich, dass alle freien Stellen wieder besetzt werden können, sagte Stolz. Als Problem könne sich auch erweisen, dass angesichts der hohen Energie- und Lebensmittelpreise Familien insgesamt weniger Geld für den Urlaub übrig haben. (dpa)