Junge Migranten sollen sich bewegen

Das Projekt „Move“ will vor allem junge Migranten auf eine Ausbildung vorbereiten. Freiwillig kommen die Arbeitslosengeld-II-Empfänger nicht

VON RICHARD ROTHER

Der junge Mann muss nicht lange nach Worten suchen. „Freiwillig bin ich nicht hier“, sagt er. „Mit der Zeit könnte ich auch etwas Besseres anfangen, zum Beispiel einen Job suchen.“ Eine junge Frau türkischer Herkunft sieht das anders. „Wir lernen hier schon etwas Sinnvolles. Zum Beispiel, wie man sich bewirbt.“ Beide sind Teilnehmer des neuen Projekte „Move“, das arbeitslosen unter 25-Jährigen aus Tempelhof-Schöneberg und Neukölln neue Perspektiven bieten soll.

Das Besondere an dem „Move“-Projekt, das gestern öffentlich vorgestellt wurde, ist: Die Teilnahme an der Weiterbildungsmaßnahme ist nicht freiwillig, die jungen Arbeitslosengeld-II-Empfänger werden vom Arbeitsamt geschickt. Kommen sie nicht, droht ihnen die Kürzung der Arbeitslosenunterstützung. „Das Beste ist noch, dass man hier neue Leute kennen lernt“, sagt einer. Seine Chancen auf dem Arbeitsmarkt seien auch hinterher nicht gestiegen, glaubt er. Mit dem vielen Geld für das Projekt sollten seiner Meinung nach besser ein paar richtige Jobs geschaffen werden.

Rund 300.000 Euro kostet „Move“, das für „Motivieren und Vermitteln“ steht und sich vor allem an Jugendliche mit Migrationshintergrund richtet. Finanziert wird das Projekt, an dessen Umsetzung der Türkische Bund Berlin-Brandenburg (TBB) beteiligt ist, von den Arbeitsämtern und den Bezirken.

Der rot-rote Senat unterstützt das Vorhaben mit einer Anschubfinanzierung in Höhe von 100.000 Euro. „Viele Jugendliche mit Migrationshintergrund haben keinen Schulabschluss“, sagt Arbeitsstaatssekretärin Susanne Ahlers. Hier müsse etwas getan werden. Optimal wäre allerdings, wenn es vergleichbare Initiativen in allen Berliner Bezirken geben könnte.

Das Projekt mit seinen 60 Plätzen ist eine Art Lern- und Beschäftigungsmaßnahme für die Teilnehmer, die maximal sechs Monate dauert. Auf dem Programm stehen Deutsch, Mathe, Interkulturelle Erziehung, Bewerbungstrainings und Praktika. Im besten Fall kriegen die Teilnehmer während der Kurse einen Job oder einen Ausbildungsplatz. Wenn nicht, sollen sie so motiviert sein, sich um eine Ausbildung oder einen Schulabschluss zu bemühen.

Das ist nicht einfach. Schließlich kennen die Jugendlichen in ihrem Umfeld genügend Menschen, die Schul- und Berufsabschlüsse haben und trotzdem arbeitslos sind. In Berlin gebe es viele Angebote, Schulabschlüsse nachzuholen, sagt „Move“-Projektleiter Alisan Genc. Problematisch seien eher Voraussetzungen und Motivation der Betroffenen.

Deshalb werden auch die Eltern der Jugendlichen in das Projekt mit einbezogen – durch Hausbesuche und Informationsveranstaltungen. Sie sollen die Jugendlichen bei der Einhaltung der vereinbarten Lernziele unterstützen und vor allem dafür sorgen, dass sie regelmäßig erscheinen. Immerhin mehr als die Hälfte der bislang für den Kurs eingeteilten Jugendlichen sind erst gar nicht gekommen. Ein Großteil der Zugewiesenen erfülle nicht die Voraussetzungen für eine erfolgreiche Teilnahme an den Kursen, begründet Projektleiter Genc die Abwesenheit vieler. Andere nähmen offenbar die finanziellen Einbußen bereitwillig in Kauf, die eine Nichtteilnahme verursachen könnte.

Einige Teilnehmer finden an dem Projekt zumindest für sich persönlich etwas durchaus Sinnvolles. Im Computerraum des Projektes surft einer im Internet und checkt seine E-Mails. In einem Kurs hätten sie kürzlich über die Religionen der Welt gesprochen, berichtet eine junge kopftuchtragende Türkin begeistert. „Da habe ich viel gelernt.“