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Warmes Licht mit besonderem Duft

Bienenwachskerzen werden per Hand gegossen. Seit Beginn der Pandemie steigt die Nachfrage

Nach dem Honigverkauf ist für die meisten Imker das Geschäft mit Kerzen die wichtigste Einnahmequelle, auch für Michael Voigt. Der Imker aus Paulmannshavekost in Niedersachsen hat 60 Bienenvölker und verdient im Sommer sein Geld fast komplett mit Honig. Im November und Dezember stammt die Hälfte seiner Einnahmen aus dem Verkauf der gelben Bienenwachskerzen. Die sind alle per Hand gegossen, das dauert länger als die Produktion von maschinell hergestellten Kerzen aus anderen Rohstoffen. „Ich bin deshalb teurer“, sagt Voigt, „doch der Duft nach Bienenwachs lässt viele Menschen etwas tiefer ins Portemonnaie greifen, vor allem zur Weihnachtszeit.“

Nach einem kontinuierlichen Rückgang beim Kerzenverbrauch in Deutschland von 2013 (221.000 Tonnen) bis 2019 (171.000 Tonnen) werden seit Beginn der Pandemie wieder mehr Kerzen gekauft. Doch Bienenwachskerzen spielen kaum eine Rolle – ihr Anteil liegt unter einem Prozent. „Wegen des Bienensterbens ist das Material knapp und die Kerzen aus Bienenwachs sind deutlich teurer als die übrigen Lichter“, sagt Stefan Thomas, Geschäftsführer des Europäischen Kerzenverbandes (eca). Rund die Hälfte der Kerzen werden aus Paraffin gefertigt, das als Nebenprodukt bei der Herstellung von mineralischen Schmierölen anfällt. Da der Bedarf an solchen Schmierölen in den letzten 20 Jahren zurückgegangen ist, sinkt auch die Paraffinproduktion. „Für die Hersteller wird die Rohstoffversorgung immer schwieriger“, sagt Thomas.

Als Alternative steht Stearin bereit – ein Rohstoff, der auf der Basis von Fetten und Ölen hergestellt wird, die sowohl tierischer als auch pflanzlicher Herkunft sein können. Solche Kerzen gelten als besonders stabil, bestehen aber oft aus Palmöl. „Die Rohstoffversorgung für die Stearinkerzen wird ebenfalls komplizierter, wegen der aktuellen Probleme mit den Lieferketten und auch, weil Indonesien den Export von Palmöl gestoppt hat“, so Thomas.

Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) hat 2020 bei 52 Herstellern und Anbietern von Kerzen untersucht, ob für die Produktion Palmöl eingesetzt wird, das aus der Rodung des Regenwaldes stammt. Der Anbau dieses Palmöls gilt als nicht-nachhaltig, weil die Rodung des Regenwaldes die zweitgrößte Ursache für die durch Menschen verursachte Erderwärmung ist. Von den unter die Lupe genommenen Unternehmen hatten nur 15 angegeben, dass sie für die von ihnen angebotenen Kerzen ausschließlich Palmöl aus nachhaltigem Anbau verwenden. Keine Angaben machten unter anderem die Drogeriekette Müller, Depot, OBI, Hagebau, Roller und Nanu Nana (die konkreten Ergebnisse: www.duh.de > „Kerzencheck“).

Michael Voigt hat die Begeisterung fürs Imkern an Sohn Johann Friedrich weitergegeben. Der benutzt für die Herstellung der Bienenwachskerzen mehr als 300 Jahre alte Zinngießformen. Seit Beginn der Pandemie wirbt Voigt junior verstärkt über eine Homepage für seine Imkerei und Kerzenmanufaktur Voigthof und stellt dort seine Bestseller vor: Kronkerzen (gerade Form, nach oben spitz zulaufende Krone), Spitzkerzen (nach oben zulaufende Form) sowie Christbaumlichter.

„Uns ist klar, dass die Bienenwachskerze ein Luxusprodukt ist und man für den Absatz etwas tun muss“, sagt Johann Friedrich Voigt und fügt hinzu: „Wir haben unseren Verkauf von den Märkten hin ins Internet verlagert. Seitdem wir dort gut zu finden sind, ist der Verkauf durch die Decke ge­gangen.“ Joachim Göres

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