DAS ENTSCHEIDENDE DETAIL: Mit geschwollener Brust
RIIINGRIIING Muss der Mensch große Taschen mit sich herumschleppen? Nein!
Der Hipster an sich schneidert sich bekanntlich sein individuelles Mäntelchen gerne so unpassend wie möglich: die Sonnenbrille zu groß, die Hose zu kurz, die Mütze zu klein, die Jacke zu weit. Der Inhalt bestimmt die Unförmigkeit, könnte man meinen. Streift jedoch in letzter Zeit der Blick über eine Menge, sich dieser Nonkonformität verpflichteten Personen, entdeckt man eine unerwartete Tendenz zu Effizienz und Kompaktheit.
Ein gleich einem Amulett platziertes Beutelchen baumelt da seit Neuestem, ganz zentral, um des Hipsters Hals, dessen Form sich doch glatt, ganz uneitel, an seinen Inhalt angepasst hat: der HANDYBRUSTBEUTEL.
Zwischen Herz und Hirn, an zwei dünnen Schnüren hängend, in unaufgeregtem Schwarz, zeigt er so auch deutlich mehr Präsenz als der zwischen den Achseln versteckte Jutebeutel, der bis vor Kurzem jedes Großstadtbild dominierte. Der neue Hipster, auch in der Spielart des Hobo-Hipsters, setzt demnach auf Reduktion und konzentriert sich in Zukunft auf das Wesentliche: Kommunikation, Konzentration und Koordination. Sich in Raum, Zeit und Netz gut zu verorten zählt schließlich auch zu seinen obersten Prioritäten. Oberstes Hipster-Gesetz: Warte den geeigneten Moment ab, aber verlasse ihn um Gottes willen rechtzeitig! Mit dem Handy an der Brust, praktischerweise auch näher am Ohr, kann einem der auch bestimmt nicht mehr entgehen.
Wer sich jedoch, in Anbetracht der dominanten 3 Ks, nun Sorgen macht, der Hipster neige bald zu regressiver Konformität, Konservatismus und technikfeindlicher Kleinlichkeit, der wird sich nach Einsicht des Handybrustbeutel-Inhalts schnell wieder beruhigen. Darin steckt nämlich in den meisten Fällen das neueste Smartphone. LAURA WÖSCH
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