RUDOLF BALMER ÜBER DIE PARLAMENTSWAHLEN IN FRANKREICH
: Manege auf für Hollande

Die geringe Wahlbeteiligung ist so gering nicht und wird von den Verlierern aufgebauscht

Die französischen Wähler haben sich für die parlamentarische Linke entschieden und gleichzeitig den rechtsextremen Front Nationale auf Platz drei gehievt. Das ist ein historischer Durchbruch für Marine Le Pen, von dem ihr Vater Jean-Marie Le Pen nur träumen konnte. Nicht nur mit den bekanntesten Exponenten in wenigen „Hochburgen“, sondern auch mit völlig unbekannten Kandidaten in ländlichen Wahlkreisen sammelte der FN oft mehr als 30 Prozent der Stimmen ein. Frankreichs fremdenfeindlicher und rassistischer Rechtspopulismus ist ein ernstes Problem. Das kann jetzt niemand mehr wegdiskutieren.

Entsprechend groß ist der Jubel bei den Rechtsextremen. Marine Le Pen sitzt noch nicht im Parlament, doch sie gilt als Favoritin in der Stichwahl um den Abgeordnetensitz in Hénin-Beaumont. Sie sieht sich bereits in der Nationalversammlung, wo sie der bürgerlichen Rechten die Rolle der Opposition streitig zu machen gedenkt. Die ganzen Bemühungen der Linken, den FN als Relikt der kolonialen und faschistischen Vergangenheit am Rande der Politik zu isolieren, wären damit gescheitert.

Und die radikale Linke? Jean-Luc Mélenchon von der Linksfront konnte seine Enttäuschung nicht verbergen. Der Vorsitzende der Linksfront hat eine doppelte Niederlage erlitten: gegen die FN-Chefin, aber auch gegen die Sozialisten. Diese hatte er für unfähig erklärt, den FN zu stoppen. Jetzt ist er selber von Wählern ausgebremst worden und muss seinen sozialistischen Rivalen gegen Le Pen unterstützen.

Wie immer klagen vor allem die Verlierer über die Stimmenthaltung. Nun lag die Beteiligung mit fast 58 Prozent nur knapp hinter jener von 2007. Das ist für Frankreich wenig, reicht aber, um der Regierungsmehrheit die nötige Legitimität zu geben. François Hollande will ein ganz „normaler“ Präsident sein. Er bekommt vom Volk eine „normale“ linke Mehrheit. Nichts mehr und nichts weniger. Wenn er denn will, kann er jetzt sein politisches Reformprojekt umsetzen.

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