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Wandel mit Wiederverwertung

In der Hamburger Bürosiedlung City Nord soll ein energiesparendes Neubauprojekt einen Wandel anstoßen. Bislang stirbt das Viertel nach Dienstschluss aus

Die Backsteine sehen ja noch wiederverwertbar aus: Postbankgebäude in Hamburgs City Nord Foto: Hauke Hass/Imago

Von Leopold Pelizaeus

Die reine Bürostadt im Grünen hat ausgedient: In Hamburgs Bürosiedlung City Nord steht eine große Veränderung an. Das 32.000 Quadratmeter große ehemalige Postbank-Areal soll umgebaut werden. Einerseits soll dadurch auch Wohnraum anstehen, doch das Vorhaben ist noch aus einem anderen Grund bemerkenswert: Baustoffe des markanten rot verklinkerten Gebäudes sollen wiederverwendet werden.

Der Eigentümer Magna Real Estate plant den Umbau des 1985 fertiggestellten Bürokomplexes und will zusätzlich einen Wohnturm und ein weiteres Bürogebäude errichten. Komplett abreißen will Magna das ehemalige Postbank-Areal nicht. Rund 40 Prozent der tragenden Grundstruktur sollen erhalten bleiben. Konkret sollen Teile des Mauerwerks sogar in die Neubauten integriert werden. Die Pla­ne­r:in­nen vom Berliner Architekturbüro Sauerbruch Hutton betreiben also Urban Mining – Ziel dieses Prinzips ist es, möglichst viele vorhandene Baustoffe wiederzuverwerten, die bereits in der Stadt vorhanden sind. Besonders Beton und Stahl seien beim Urban Mining gut geeignet. Das spart Energie. Zwischen 35 und 45 Prozent Einsparungen erhoffen sie sich im Vergleich zu einem Neubau.

Zusätzlich wollen die Pla­ne­r:in­nen viel Holz verbauen, um weiteres CO2 einzusparen.

Insgesamt sieht der Entwurf den Bau von rund 180 Wohnungen vor – je ein Drittel Sozialwohnungen, Mietwohnungen und Eigentum. Hinzu soll ein Kindergarten gebaut werden. Der Rest ist für Büros vorgesehen: Dafür ist eine Bruttogeschossfläche von 119.000 Quadratmetern vorgesehen. „Städtebauliche Aufwertung des Quartiers“ hatte sich die Stadt bei der Erstellung des Bebauungsplans zum Ziel gemacht. Die zuständigen Ar­chi­tek­t:in­nen sehen in ihrem Vorhaben einen Wandel „von der Festung zum Quartier“.

Das lässt sich der Eigentümer einiges kosten: Während der Projektausschreibung waren die Baukosten auf 350 bis 400 Millionen Euro veranschlagt worden. Das war im Jahr 2018. Aufgrund der Preisexplosion in der Baubranche dürften sich die Kosten bis Abschluss des Projektes noch deutlich erhöhen.

Doch gibt es auch Kritik an dem Vorhaben: Der Hamburger Denkmalverein kritisiert den Umbau, zeige das Postbank-Areal doch einen „gestalterischen Paradigmenwechsel“ im 20. Jahrhundert und sei daher aus architektonischer, ökonomischer und ökologischer Sicht erhaltenswert.

Teile des Mauerwerks sollen in die Neubauten integriert werden

Marco Hosemann von der Linkspartei im Bezirk Hamburg-Nord begrüßt, dass zumindest ein Teil des Gebäudes erhalten bleibt. Der studierte Architekt sieht das Projekt dennoch kritisch. „Ich hätte das Gebäude lieber in Gänze erhalten und im Bestand entwickelt gesehen – aus kulturellen und ökologischen Gründen.“

Dass bei solchen Bauvorhaben ein Teil des Bestandes weitergenutzt wird, sei leider die Ausnahme. „In diesem Fall ist es dem Architekturbüro zu verdanken, das es sich über die im Architekturwettbewerb geforderte Neuentwicklung hinweggesetzt hat und trotzdem viel Fläche auf dem Grundstück unterbringen konnte.“

Timo Kranz, Sprecher der Grünen für Stadtentwicklung, pflichtet dem bei. „Den Architekten ist es gelungen, ganz viel zu erhalten.“ Für die Grünen ist das Projekt ein Erfolg, es soll Leben und Arbeiten verbinden und als Vorbild für klimaschonende Stadtentwicklung dienen. Kranz sieht in der ehemaligen „Bürostadt im Grünen“ Potenzial für eine Weiterentwicklung: „Wir wollen eine Nutzungsdurchmischung erreichen, zumindest moderat.“