Gedenkdemonstration

Dortmunder Punkermord sorgt weiter für Aufregung

Politischer Mord oder tragischer Einzelfall? Drei Monate nachdem der 32-Jährige Punk und Vater von drei Kindern Thomas S, auch „Schmuddel“ genannt, von einem 17-Jährigen Neonazi erstochen wurde (taz nrw berichtete), fordern viele: „Kein Vergeben, kein Vergessen!“ Nun soll eine Gedenktafel her – am Tatort. In einer U-Bahnhaltestelle in der Dortmunder Innenstadt. Dort hatte der Rechtsradikale am 28. März Thomas S. nach einem Streit mit drei Messerstichen getötet.

Fast 300 Punks, Antifaschisten und Bürger haben sich am Dienstag Abend wiederum zusammengefunden, um zu gedenken, Kerzen anzuzünden und Blumen nieder zu legen. Die Stimmung ist deutlich gedämpfter als bei ähnlich bunten Treffen, dennoch nicht gänzlich bedrückt: Ein älterer Punk mit Irokesenfrisur spielt auf der Gitarre „Mensch“ von Ton Steine Scherben. Doch die Trauer und Wut war einigen deutlich anzumerken. Mit der Kundgebung soll Druck auf Stadt und Polizei ausgeübt werden, endlich offensiver mit dem Thema umzugehen. Das Problem der Neonazis werde in der Stadt totgeschwiegen, sagt etwa Jan Tacke vom Linken Bündnis Dortmund. Nach dem Mord habe es mindestens ein halbes Dutzend weiterer Übergriffe gegeben. Beim vorerst letzten vor zwei Wochen soll ein Neonazi einen Punk mit einem Messer verletzt haben.

Und so sprechen Antifaschisten aus Dortmund beim Fall Thomas S. von einem politischen Mord und dem traurigen Höhepunkt einer Entwicklung, die sich seit langem abzeichne.

Der Polizeisprecher Peter Schulz spricht hingegen lieber von einer „ungeplanten Einzeltat“. Weitere Vorfälle seien ihm nicht bekannt: „Die Situation ist absolut ruhig. Die rechtextremistisch motivierten Straftaten sind sogar rückläufig“. Dabei gilt die Dortmunder Neonazi-Szene auch unter Verfassungsschützern als die größte in NRW.

Die Ermittlungen gegen den mutmaßlichen Täter sind abgeschlossen. Gegen ihn wird in den nächsten Monaten das Verfahren wegen heimtückischen Mordes am Landgericht Dortmund eröffnet. Da der Täter minderjährig ist, wird der Fall unter Ausschluss der Öffentlichkeit verhandelt. Das höchste Strafmaß ist auf zehn Haftjahre begrenzt. JÖRN-JAKOB SURKEMPER