VERSICHERUNG WARNT VOR KLIMAWANDEL – IM EIGENEN INTERESSE
: Allianz aus Vernunft

Der Vorgang ist nur vordergründig überraschend: Die Allianz-Versicherung warnt gemeinsam mit der Umweltorganisation WWF vor den Folgen des Klimawandels und will ihre Investitionen in erneuerbare Energien in den kommenden Jahren um bis zu 500 Millionen Euro steigern. Der Hintergrund dafür ist allerdings weniger ein neu entdeckter Hang zu grüner Umweltpolitik oder gar ein idealistisches Engagement für das Gemeinwohl. Es sind knallharte wirtschaftliche Gründe, die der Öko-Strombranche einen ungewöhnlichen Fürsprecher bescheren.

Denn die Allianz ist über gegenseitige Beteiligung eng mit der Münchener Rück verbunden, dem größten Rückversicherer der Welt. Beide Unternehmen ersetzen Schäden, die durch Naturkatastrophen entstehen. Und die Versicherer erwarten, dass die Ausgaben dafür steigen werden. Somit liegt Klimaschutz also im ureigensten wirtschaftlichen Interesse des Versicherungskonzerns.

Daran ist auch nichts auszusetzen, zumal der von vielen Wirtschaftslobbyisten propagierte Gegensatz zwischen Ökologie und Ökonomie künstlich und grundsätzlich nicht zu halten ist. Schonender Umgang mit Ressourcen – also nachhaltiges Wirtschaften – rechnet sich langfristig. Auch wenn den kurzatmigen Finanzmärkten noch zu häufig die Ausdauer fehlt, auf die Erträge zu warten. Deshalb ist es zu begrüßen, dass ein ernst zu nehmender Player in der Finanzbranche nun Analysten, Banken und andere Marktteilnehmer dazu auffordert, Klimaschutz als ein Kriterium bei der Bewertung von Unternehmen einzuführen.

Dazu kommt, dass die Förderung der erneuerbaren Energien in Deutschland in den vergangenen Jahren 130.000 Arbeitsplätze geschaffen hat. Wer nun wie die CDU populistisch „Vorfahrt für Arbeit“ ruft, den Feldhamster zum symbolträchtigen Hindernis für wirtschaftlichen Aufschwung hochstilisiert und Umweltschutz zum Luxusproblem degradiert, denkt in längst überholten Kategorien. Denn die Folgen des Klimawandels sind existenziell und in einer globalisierten Welt auch nicht auf die betroffenen Regionen beschränkt. Die Wirtschaft, das zeigt das Beispiel Allianz, ist manchmal weiter als die Politik. STEPHAN KOSCH