Hohe Inflation wird für viele Leute bedrohlich

Jeder zehnte Verbraucher geht wegen Inflation an Ersparnisse

Angesichts rasch steigender Preise für den Lebensunterhalt in Deutschland hat der Geschäftsführer der niedersächsischen Landesarmutskonferenz, Klaus Dieter Gleitze, die Politik zum Gegensteuern aufgefordert. „Menschen mit wenig Geld sind zurzeit mit einer Häufung von Problemen konfrontiert, wie es in der deutschen Nachkriegszeit einmalig ist“, sagte Gleitze. Sie seien „bedrohlichen Risiken“ ausgesetzt. Die Verbraucherpreise sind im März mit 7,3 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat gestiegen und damit so stark wie seit 1981 nicht mehr.

So müssten sich Menschen mit wenig Geld mittlerweile immer häufiger schon zur Mitte des Monats an die Lebensmitteltafeln wenden, um ihre tägliche Ernährung zu sichern, schildert Gleitze. „Dort konkurrieren sie zunehmend mit Flüchtlingen aus der Ukraine.“ Zudem erschwerten Minusgrade bis in den Frühling hinein die Energiesituation von Menschen in Armut in gesundheitsgefährdendem Ausmaß: „Arme Menschen sind kränker und sterben früher.“

Die Landesarmutskonferenz fordert die Politik auf, „den Kampf gegen eine immer dramatischer werdende Spaltung der Gesellschaft in Arm und Reich endlich ernst zu nehmen“. So müssten die Regelsätze für Hartz IV und Grundsicherung sofort auf 600 Euro monatlich angehoben werden, fordert Sozialexperte Gleitze. Zudem sei eine einmalige Konsumbeihilfe für Arme in Höhe von 1.000 Euro nötig. Gleitze forderte auch eine Vermögensabgabe für Superreiche, um das Gemeinwesen solidarisch zu finanzieren. Die 1995 gegründete Landesarmutskonferenz ist ein Zusammenschluss von Verbänden, Gewerkschaften und Initiativen.

Die hohe Inflation belastet aber auch immer stärker Bürgerinnen und Bürger, die bislang nicht als armutsgefährdet galten. 22 Prozent sparen weniger oder gar nicht mehr, wie aus einer Umfrage im Auftrag der Bank ING unter mehr als 1.000 Verbrauchern hervorgeht. „Fast zehn Prozent greifen sogar ihre Ersparnisse an, um die gestiegenen Preise zahlen zu können“, heißt es zu der repräsentativen Befragung durch das Meinungsforschungsinstitut Ipsos. Besonders betroffen ist demnach die Altersgruppe der 25- bis 34-Jährigen. Diese lebt schon häufiger als jüngere Jahrgänge im eigenen Haushalt, ist aber im Gegensatz zu den Älteren noch nicht im Berufsleben etabliert und verdient meist weniger. „Befragte dieser Altersgruppe haben zu einem höheren Anteil ihre Spar- oder Investmentraten reduziert, zu einem höheren Anteil Geld aus Spar- oder Anlageprodukten abgezogen oder die Abzahlung bestehender Kredite reduziert als der Durchschnitt“, so die ING dazu. (epd, dpa)