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Denker am Lenker: Philosophen auf der Tour de France

Sind Radrennfahrer gedankenlose Maschinen, nur auf Leistung getrimmt und ohne geistiges Innenleben? Nun, die Teilnehmer dieser besonderen Tour de France sicher nicht. Guillaume Martin lässt nämlich Philosophen gegeneinander antreten: Sokrates und Aristoteles, Kant und Marx, Pascal und Spinoza. Die Inspiration für dieses Rennen war der berühmte Sketch der britischen Komikertruppe Monty Python, die einst deutsche gegen griechische Philosophen Fußball spielen ließ.

Philosophie und Radsport – Guillaume Martin ist bei beidem Insider. Auf der letztjährigen Tour de France wurde Martin Achter, bei der Vuelta a España machte er den 9. Platz. Neben seiner Radsportkarriere schloss Martin ein Philosophiestudium ab und lernte dabei das Personal kennen, das uns hinter die Kulissen des Radsports führt: Sigmund Freud erkennt, dass Leiden zur Droge werden kann und sieht im Radrennen ein masochistisches Vergnügen. Blaise Pascal, für den Stillstand den Tod bedeutet, trainiert auch an den freien Tagen. Marx will die namenlosen Fahrer im Schatten organisieren, um die Vorherrschaft der Sprinterteams zu brechen, und sorgt sich um die gerechte Verteilung der Prämien. Als die Denker am Lenker die Tour entkräftet überstanden haben, sind sie im Geiste schon bei der nächsten. In Anlehnung an Albert Camus’berühmtes Zitat über Sisyphos schreibt Martin über die Philosophen im Sattel (und damit ja nicht zuletzt über sich selbst): „Man muss sich diese Radrennfahrer als glückliche Menschen vorstellen.“

Martin Kaluza

Guillaume Martin: „Sokrates auf dem Rennrad. Eine Tour de France der Philosophen“, Cavadonga, 14,80 Euro, 224 Seiten