Lieber regieren
als resignieren

Die Berliner Linke lobt sich auf ihrem Parteitag selbst. Die Krise der Partei bleibt Randthema

Von Erik Peter

Der Krieg in der Ukraine, der Berlin zum Flüchtlingsdrehkreuz gemacht hat, Streit über die Enteignungskommission, die Ankündigung des Bundes, den Bau der A100 weiter voranzutreiben, rasant steigende Lebenshaltungs- und Energiekosten, Corona – ein Berg von Problemen beschäftigte die Berliner Linke auf ihrem Parteitag am Samstag.

Für Untergangsdebatten um die Partei angesichts von katastrophalen Wahlergebnissen und innerparteilichem Zwist blieb da wenig Zeit. Kultursenator Klaus Lederer brachte diese Sorgen trotzdem zum Ausdruck: „Ich habe nicht 30 Jahre die Partei mit aufgebaut, um jetzt zuzusehen, wie sie sich selbst kaputt macht.“ Bestimmend war nachfolgend aber das Beschwören der eigenen Rolle als Regierungspartei für die Bewältigung der Krisen der Stadt.

Da wäre zunächst die Frage der Enteignung. Von Wochen „harter Auseinandersetzungen“ sprach Justizsenatorin Lena Kreck und meinte das Ringen, vor allem mit den Sozialdemokraten, um die Enteignungskommission. Trotz der Kritik der Initiative Deutsche Wohnen & Co enteignen an mangelhaften Absprachen verteidigte die Parteiführung einhellig das erzielte Ergebnis.

Betont wurde, dass sich die Partei in zentralen Fragen durchgesetzt habe: „Wir sind diejenigen, die alles dafür tun, dass der Auftrag des Volksentscheids erfüllt werden kann“, sagte Landesparteichefin Katina Schubert. Sie bat die Initiative, sich der Mitarbeit nicht zu entziehen und ihrerseits „kluge Leute in die Kommission zu schicken“. Gleichwohl bleibe es offen, so Schubert, ob am Ende eine Parlamentsmehrheit für ein Vergesellschaftungsgesetz zustande komme. Für diesen Fall sagte sie: „Ob die Koalition dann noch für uns haltbar ist, werden wir dann bewerten müssen.“

Klare Worte zum Krieg

Klare Worte fand die an Corona erkrankte und ins Estrel-Hotel zugeschaltete Schubert für Russland und den Angriffskrieg auf die Ukraine: „Wir mussten erkennen, Russland ist eine imperialistische Macht, die Krieg als Mittel bewusst einsetzt. Russland ist eine Diktatur, es ist ein kapitalistisches System, in dem Oligarchen und Monopole Politik und Preise diktieren.“ Die Linke stehe vor der Aufgabe, eine „neue Friedensordnung“ zu erarbeiten und umzusetzen. Kritik an der Nato hätte gleichwohl eine Berechtigung, doch sei das Militärbündnis nicht ursächlich für den Krieg.

Sozialsenatorin Katja Kipping schilderte in persönlichen Worten, wie sie und die Verwaltung ab Tag eins des Krieges versuchen, Flüchtlingen aus der Ukraine ein würdiges Ankommen zu ermöglichen. Inzwischen hätten offizielle Stellen 25.000 Geflüchtete untergebracht, 30.000 Menschen seien von den Sozialämtern versorgt worden.

Einig ist sich die Partei wie ihr grüner Koalitionspartner (siehe Text unten) in ihrem Widerstand gegen die Pläne, die Stadtautobahn A100 vom Treptower Park bis zur Storkower Straße zu verlängern. „Es ist ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Bundesregierung die A100 durch die Stadt pflügen will“, so Parteichefin Schubert. Sie kündigte an, „alle Mittel und Wege zu nutzen, um diesen Wahnsinn zu stoppen“.