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„Pasolinis heutiges Thema wäre Migration“

Zum 100. Geburtstag des italienischen Regisseurs Pier Paolo Pasolini zeigt das Hamburger B-Movie eine Auswahl seiner Filme

Foto: privat

Ute T. Schneider

geboren 1948, ist Cutterin und Publizistin, seit einigen Jahren ist sie Teil des B-Movie-Teams. Sie interessiert sich unter anderem für Wanderkinos in Argentinien.

Interview Wilfried Hippen

taz: Frau Schneider, Sie zeigen eine Reihe von Filmen von Pier Paolo Pasolini. Seinen letzten Film, „Die 120 Tage von Sodom“, der auch heute noch ein Skandalon ist, zeigen Sie nicht. Warum diese Leerstelle?

Ute T. Schneider: „Sodom“ hätten wir gerne gezeigt, aber wir sind ein ziemlich kleines Kino. Bei solchen Reihen haben wir nicht mehr als sechs bis sieben Filme im Hauptprogramm, aber da es uns wichtig war, auch ein Programm mit Pasolinis Kurzfilmen vorzustellen, ist er auf der Strecke geblieben.

Welche Filme haben Sie ausgewählt?

Ich und meine Kollegin Simone Spinelli haben aus den 20 Filmen von Pasolini einen kleinen Extrakt gemacht. Und wir haben uns dabei auf seine Filme über Italien konzentriert. Es geht dabei um seinen Blick auf die Gesellschaft. Mit den Geschichten aus dem Subproletariat in „Accattone“ aus dem Jahr 1961 sowie „Mamma Roma“ von 1962. Und in „Theorema“ lässt er 1968 mal so eben das Bürgertum einstürzen. Ich denke, er behandelt hier Fragen, die immer noch relevant sind, weil die Gegensätze in der Gesellschaft ja immer noch nicht aufgehoben sind.

Sie haben auch zwei von Pasolinis eher unbekannten Dokumentarfilmen im Programm.

Filmreihe „Pasolinis Italien – zum 100. Geburtstag“: Do, 3. 3., bis 31. 3., Hamburg, B-Movie, https://www.b-movie.deLesung „Ein Pier-Paolo-Pasolini-Abend“: Mi, 2. 3., 19.30 Uhr, Literaturhaus Hamburg

Weitere Veranstaltungen zu Pasolinis Geburtstag, unter anderem Lesungen, finden sich auf der Internetseite des Italienischen Kulturinstituts Hamburg: https://iicamburgo.esteri.it/iic_amburgo/de/

Ja, sie haben wir ausgewählt, um zu zeigen, dass Pasolini sich auf verschiedene Weise mit seiner Gesellschaft auseinandersetzte. „Der 12. Dezember“ ist sehr politisch, weil Pasolini sich darin mit einem Terroranschlag auseinandergesetzt hat. Und für „Gastmal der Liebe“ machte Pasolini eine Reise durch Italien, die ganz heiter daherkommt. Auf Straßen, auf Plätzen und am Strand befragte er Ita­lie­ne­r*in­nen von alt bis jung, von reich bis arm zu ihrem Verhältnis zu Liebe und Sexualität. Das war Anfang der 1960er-Jahre und wirkt heute oft amüsant. Aber es wird auch klar, dass einiges von diesen Vorstellungen in manchen Köpfen immer noch vorhanden ist.

Zum Abschluss der Reihe zeigen sie Pepe Danquarts Dokumentation „Vor mir der Süden“ aus dem Jahr 2019. Warum haben Sie sich dafür entschieden?

Danquart wiederholt darin eine Reise durch Italien, die Pasolino Ende der 1950er-Jahre für seine Reportage „Die lange Straße aus Sand“ gemacht hat. Und da hat sich natürlich etwas verändert, etwa weil er an vielen Ecken Flüchtlingen und Migranten begegnete. Ich denke, dass das Pasolinis heutiges Thema wäre. Und dass er seine damalige Vorliebe für das Subproletariat auf sie übertragen würde.

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