Linkspartei lernt Türkisch

Berlins Parteien setzen auf Migranten. Für die Linkspartei will jetzt Ex-Sozi Hakki Keskin antreten.Das hat PDS-Chef Bisky eingefädelt. Der Haken: Landes-PDS und WASG wissen davon noch nichts

VON CEM SEY
UND FELIX LEE

Türkischstämmige Migranten drängt es in den Bundestag. Nach dem SPD-Mann Ahmet Iyidirli und dem Grünen Özcan Mutlu will nun auch der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde Deutschlands, Hakki Keskin, ins Rennen gehen. Und zwar auf der offenen Liste von PDS und WASG. PDS-Parteichef Lothar Bisky höchstpersönlich habe ihm die Kandidatur angeboten, sagte Keskin der taz. Obwohl er derzeit noch in Hamburg wohnt, will der Hochschullehrer in Berlin kandidieren.

Nach 30-jähriger SPD-Mitgliedschaft war Keskin am Dienstag aus der SPD ausgetreten und hatte angekündigt, Mitglied der neuen Linkspartei aus PDS und WASG zu werden, „wenn sich das Bündnis strukturell, personell und inhaltlich formiert“ habe. „Alles hängt davon ab, ob für mich wichtige programmatische Punkte durch die neue linke Partei akzeptiert werden“, sagte Keskin. Zentral dabei: die Tolerierung der Mehrstaatlichkeit und eine Unterstützung der Türkei beim EU-Beitritt.

„Eine Hälfte von mir ist Berliner“, begründet Keskin seine Entscheidung, in der Bundeshauptstadt anzutreten. 1966 war er nach Berlin zum Studium gekommen und hatte fast zwanzig Jahre hier gelebt. Vor allem als Vorsitzender des türkischen Studentenverbands war er stadtweit bekannt geworden. Derzeit besetzt er in Hamburg einen Lehrstuhl für Migrationspolitik.

Wirklich sicher aber ist die Kandidatur Keskins in Berlin noch nicht. Denn bislang wissen weder die Landes-PDS noch die WASG etwas von ihrem neuen Kandidaten. Gerhard Seyfarth vom Berliner Landesvorstand der WASG sagte der taz, über Keskins Kandidaturwunsch sei er nicht informiert. Grundsätzlich befürworte er jedoch, einen Migranten auf einen der vorderen Listenplätze aufzustellen.

Zurückhaltender ist die Reaktion bei der Berliner PDS. Auch sie war gestern noch nicht über Biskys Vorstoß informiert. Man denke aber erst dann ernsthaft über diesen Vorschlag nach, wenn es entsprechende Signale gebe, sagte PDS-Landessprecher Axel Hildebrandt. Eigentlich hat der PDS-Landesvorstand die sicheren Listenplätze bereits vergeben. Für die fünf Direktmandate sind neben Gregor Gysi und den beiden Bundestagsabgeordneten Petra Pau und Gesine Lötzsch auch Landeschef Stefan Liebich und die Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, Cornelia Reinauer, vorgesehen. Die Chancen für einen sechsten Kandidaten sind damit gleich null, hatte Liebich zugegeben.

Für den PDS-Bundesvorstand sind die Würfel jedoch noch längst nicht gefallen. „Die Kandidaten werden auf der Landesdelegiertenkonferenz am 6. August gekürt“, sagte Bundessprecher Hendrik Thalheim. Und auch Landesvorstandsmitglied Frank Puskarev vom Listenpartner WASG wies darauf hin: Bezüglich der Kandidaten gebe es noch „erheblichen Gesprächsbedarf“.

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