Vater Rhein dürstet

„ausgezeichnet“: Inszenierte Serien der mit dem Reinhart Wolf-Preis gekürten Fotografen bei Gruner + Jahr

„Die Mehrheit der eingereichten Arbeiten war so schlecht wie immer“, behauptet Tom Jacobi. „Insgesamt hätte ich mir etwas mehr Experimentierfreude und eigenständigere Ideen gewünscht“, meint Felix Glauner. So kritisch beurteilen zwei Mitglieder der sechsköpfigen Jury vom 17. BFF-Förderpreis und Reinhart-Wolf-Preis 2005 die eingesandten Arbeiten von 140 Hochschulabsolventen.

Fünf Fotoserien haben die Juroren schließlich doch für preiswürdig erachtet. Im Rahmen der Schau „ausgezeichnet“ sind die Siegerarbeiten jetzt im G+J Pressehaus zu sehen, zusammen mit fünf weiteren Serien junger Fotografen, die mit dem 19. Kodak Nachwuchs Förderpreis ausgezeichnet wurden.

So viel geballte Nachwuchsfotografie gibt natürlich Gelegenheit, nach Trends zu suchen. Da fällt erst einmal eine große Ernsthaftigkeit auf. Kaum Flüchtiges, Leichtes, Verspieltes kennzeichnet die Arbeiten. Starke Farben, große Tiefenschärfe, digitale Bearbeitung: Das ist die Mischung, mit der Fotografiestudenten momentan Preise gewinnen. Die klassische Reportage scheint ausgedient zu haben. Mit einer Ausnahme: Alexander Babics Serie „Road Train“ zeigt Truckfahrer in Australien und Südafrika. Es sind sorgfältig in Szene gesetzte Schwarzweißporträts raubeiniger Männer. Ihre knallbunten Gefährte hat Babic isoliert von ihnen fotografiert.

Nichts Grelles, Schrilles, Schmuddeliges stört auch die anderen, allesamt perfekt inszenierten Serien. Die Siegerarbeit des BFF-Förderpreises, als „Best of the Best“ zusätzlich mit dem Reinhart-Wolf-Preis ausgezeichnet, wirkt besonders clean. Dirk Brömmel hat aus der Vogelperspektive Rheinschiffe fotografiert – zum Teil sind das reale, zum Teil gebaute Modelle oder Computerbilder. Selbst das Wasser hat Brömmel herausgefiltert und eine monochrome Bildfläche als Hintergrund gewählt. Diese Miniaturwelt von oben kann man als interessantes Suchbild zwischen winzigen Menschen und Tauwerk verstehen – oder einfach nur öde finden.

Spannungsgeladener ist da Grit Hachmeisters Serie „Wenn du mich nicht siehst, wirst du mich vermissen“. Sie hat Puppen, genauer gesagt ausgestopfte Kleidungsstücke, in irritierenden Situationen festgehalten. Da liegt jemand auf dem Küchenboden, als wäre er gerade hingefallen. Herzinfarkt? Da baumeln Hosenbeine ein paar Zentimeter über dem Boden. Selbstmord? Da sind zwei Figuren ineinander verschlungen. Vergewaltigung? Weil die Gesichter fehlen, entstehen im Kopf des Betrachters nie ganz eindeutige Geschichten. Keine Frage: Diese Fotos sind experimentierfreudig und eigenständig. Genau das, was Juror Felix Glauner sonst oft vermisst hat. Karin Liebe

Mo–So 10–18, Mi bis 20 Uhr, G+J Pressehaus, bis 14. 7.