wortwechsel
: Von Sozialrecht, Russland und Impfpflicht

Mutterschutz: positive Errungenschaft oder Karrierekiller? Politische Unentschlossenheit geht zulasten der ukrainischen Bevölkerung. Vor Impflicht freiwillige Lösungen ausloten

Scrub Mutterschutz?! Foto: imago

Elternzeit hilft

„Wenn Schutz schadet“, taz vom 26. 1. 22

Das Mutterschutzgesetz ist eine positive Errungenschaft in unserer Gesellschaft. Die Elternzeit hilft Familien, sich Zeit zu nehmen, um sich in die neuen Aufgaben und Herausforderungen hineinzufinden. Dass Arbeitsplätze in diesen von Olga Herschel beschriebenen Strukturen verhaftet sind, ist meiner Meinung nach das Problem und nicht das Mutterschutzgesetz oder die Elternzeit. Es sollte für keine Arbeitnehmerin mit Angst besetzt sein und keinerlei Einfluss auf den beruflichen Werdegang haben, den Vorgesetzten über eine Schwangerschaft zu informieren. Stattdessen sollte unsere Gesellschaft verstärkt daran arbeiten, die Hierarchien zu verflachen! Hierarchien sind es doch, die laut Olga Herschel es den Frauen während der Schwangerschaft und nach der Elternzeit schwermachen, beruflich wieder Fuß zu fassen. Wir sollten uns auf den Weg machen, diese Strukturen aufzubrechen, nur dann hat unsere Gesellschaft die Chance, dass jede/r Mit­ar­bei­te­r*in die Wertschätzung und Förderung erhält, die jedem/r Ar­beit­neh­me­r*in zusteht.

Christine Mayer-Glaser, Bad Herrenalb

Sozialrecht

„Wenn Schutz schadet“, taz vom 26. 1. 22

Ausgerechnet bei einer super privilegierten Gruppe von Beschäftigten – den Ärztinnen – setzt Olga Herschel an, um eine der wesentlichsten arbeits- und sozialrechtlichen Errungenschaften für Frauen zu diskreditieren: das Verbot der Beschäftigung in einem Arbeitsverhältnis, wenn die Arbeit Mutter und/oder Kind gefährdet. Das könnte schließlich Karrieren behindern. Bei einem Beschäftigungsverbot muss der Arbeitgeber den Lohn fortzahlen. Ein sozialpolitischer Meilenstein! Die Autorin will nun, dass eine Weiterbeschäftigung der Schwangeren zu anderen Bedingungen Vorrang haben soll. Das gilt aber schon jetzt. Die Zuweisung einer vertragsgerechten alternativen Arbeit ohne Gefährdung ist durchaus möglich. Aber bitte nicht so, dass die Arbeitnehmerin in der Kühlhalle der Fischfabrik dann in der ebenso zugigen und kalten Versandhalle beschäftigt wird. Die Verhältnisse in der Fischfabrik und anderswo sind anders als die beim ärztlichen Personal des Klinikums. Die sozialen Machtverhältnisse in den meisten Betrieben fordern Klarheit im Interesse der Frauen: Besser gar keine als eine fragwürdige Beschäftigung ist für die große Mehrheit der Beschäftigten die annehmbarere Alternative. Das ist sozialer, menschlicher und wichtiger als die Priorisierung der Karrieren von Upper-Class-Frauen. Adolf Claussen, Bremen

Realer Mutterschutz

„Wenn Schutz schadet“, taz vom 26. 1. 22

Ich wollte ergänzend zu dem (sehr wichtigen) Artikel noch darauf hinweisen, dass dieser Bereich nicht der einzige ist, in dem der Schutz eher zur Last wird. Zum Beispiel in der Filmbranche, wo Frauen in befristeten Angestelltenverhältnissen und mit Arbeitszeiten arbeiten, die unter dem Mutterschutz so nicht mehr umsetzbar wären. Also muss man entweder verheimlichen oder bekommt eben keine Jobs mehr. Dass es hier keine Optionen gibt, sich von den Regelungen freizumachen, wenn sie einen nicht schützen, sondern im Gegenteil effektiv arbeitslos machen, ist ein riesiges Problem. Mutterschutz müsste an die Lebensrealität der zu Schützenden und deren Wünsche angepasst werden, sonst bewirkt er am Ende das Gegenteil dessen, was er soll.

Barbara Wopperer, Berlin

Ukraine-Konflikt

„Was tun mit Putin?“, taz vom 22. 1. 22

Wer von den PolitikerInnen, welche die Konsequenzen erörtern, die ein möglicher russischer Einmarsch in die Ukraine haben könnte, versetzt sich einmal in die realen Ängste hinein, welche die Menschen dort aufgrund der bisherigen leidvollen Erfahrungen haben müssen! Das ganze unentschlossene Für und Wider wirkt einfach abstoßend! Man bekommt den Eindruck, dass europäische Werte immer dann verraten werden, wenn man befürchtet, dass ein konsequentes Dafür-Eintreten Nachteile in erster Linie wirtschaftlicher Art zur Folge haben könnte. Das ist der eigentliche Grund für das Verstehenwollen und das damit einhergehende Bagatellisieren Putin‘scher Machtgelüste. Diesen Beschwichtigern empfehle ich als Lektüre „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch. Die Rollenverteilung dürfte klar sein!

Joachim Petersen, Vögelsen

Russlandpolitik

„Flottenchef versenkt“, taz vom 24. 1. 21

Die Nato stationiert in Osteuropa Raketen – angeblich gegen den Iran gerichtet, was keiner glauben kann. Und mit dem offenbar erwünschten Beitritt der Ukraine (einschließlich Krim) und Georgiens will man Russland vom Schwarzen Meer abriegeln. Da sind doch elementare Sicherheitsinteressen Russlands berührt. Sind die Einschränkungen der Bürgerrechte des russischen Bevölkerungsanteils in Lettland oder die Diskrimierung alles Russischen in der Ukraine keine Menschenrechtsverletzungen? Das rechtfertigt natürlich keine russischen Truppenaufmärsche. Das ist ein dringender Appell – gerade an Parteien, die sich der Friedensbewegung und den Menschenrechten verpflichtet fühlen, den Hitzköpfen auf allen Seiten zu widerstehen und sich für vertraglich untermauerte Vertrauensbildung einzusetzen.

Ludwig Hoffmann, Wernigerode

Russland, Nato, Ukraine

„Leerstelle Außenpolitik“,

taz vom 24. 1. 22

Als älterem taz- Genossen tut es einem in der Seele weh, miterleben zu müssen, wie sich ein Teil dieser Zeitung zu einem Nato-hörigen, einseitigen Kampfblatt gegen Russland und seinem Präsidenten Putin entwickelt hat. Statt Ausgleich und Entspannungspolitik stehen bei den Berichterstattern/Berichterstatterinnen Aufrüstung und Kriegserwartungen einiger Nachbarstaaten im Mittelpunkt. Sind damit die Zeiten vorbei, wo in der taz Konsens darüber herrschte, dass Krieg und Waffen niemals dazu beigetragen haben, Konflikte zu lösen und Frieden zu stiften? Ich hoffe weiterhin – bisher jedenfalls noch –, dass sich in „meiner taz“ die Stimmen irgendwann deutlicher vernehmen lassen, die eine eigentlich selbstverständliche Tatsache vermitteln: Auch in dem aktuellen Konflikt ist Russland nicht das unbedingt Böse, Nato und Ukraine dagegen das zweifelsfrei Gute.

Lothar Weiß, Northeim

Pandemie, drittes Jahr

„Positionen zur Impfpflicht“,

taz vom 27. 1. 22

Selbst im dritten Jahr der Pandemie ist auch die neue Bundesregierung nicht in der Lage, rechtzeitig die richtigen Entscheidungen zu treffen. Als Bürger ist man langsam wirklich der Verzweiflung nahe, wenn man beobachtet, dass Politiker aus Fehlern der Vergangenheit einfach nichts zu lernen scheinen. Auch die allgemeine Impfpflicht, die viele Deutsche befürworten, wird schon wieder zerredet und verzögert, und das alles auf Kosten unserer Gesellschaft! Eine Debatte im Bundestag ist ja schön und gut, warum erst jetzt? Thomas Henschke, Berlin

Freiwillige Lösungen

„Bundestag gibt wenig Orientierung“,

taz vom 27. 1. 22

Der Bundestag hat sowohl aufseiten der Befürworter als auch auf Gegnerseite in einem ziemlichen Schwarzweißdenken eine mögliche Impfpflicht sehr schmalspurig debattiert, anstatt sich auf einer pragmatischen Ebene mit der Frage zu befassen, ob es auch noch Alternativen gibt. Zumindest in Hamburg muss man gerade in den ärmeren und von Mi­gran­t:in­nen bewohnten Quartieren niedrigschwellige Impfangebote mit der Lupe suchen. Also sollten erst einmal sämtliche freiwilligen Lösungen bis zu Ende ausgeschöpft werden, um die Impfquote zu erhöhen.

Rasmus Ph. Helt, Hamburg