Vorwürfe gegen Irans designierten Staatschef

Mahmud Ahmedinedschad soll in den Mord an drei Kurden 1989 in Wien verwickelt sein. Das behauptet ein iranischer Journalist und beruft sich auf einen der Attentäter. Österreichs Staatsanwaltschaft: kein Grund für neue Ermittlungen

WIEN taz ■ Gegen Irans designierten Präsidenten Mahmud Ahmedinedschad müsste in Österreich längst ein Auslieferungsantrag vorliegen. Dieser Meinung ist der Grünen-Abgeordnete und Sicherheitsexperte Peter Pilz, der seit Jahren Aufklärung über ein dreifaches politisches Attentat fordert, das vermutlich im Auftrag der iranischen Regierung im Juli 1989 in Wien verübt wurde.

Der bisherige Bürgermeister von Teheran soll dabei eine Schlüsselrolle gespielt haben. Der kurdische Oppositionspolitiker Abdulrahman Ghassemlou und zwei Mitarbeiter wurden damals in einer Wiener Wohnung regelrecht exekutiert. Einer der Attentäter, der dabei eine Schussverletzung erlitt, wurde in einem Krankenhaus verarztet, dann festgenommen, aber auf Druck der iranischen Regierung wieder freigelassen. Er konnte später mit den anderen Mördern ungehindert ausreisen.

So weit ist die Geschichte bekannt und peinlich genug für Österreichs Politik. Die Mordermittlungen wurden eingestellt. Gegen einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss hatten sich die damaligen Regierungsparteien SPÖ und ÖVP, die vor den Mullahs in die Knie gingen, erfolgreich gewehrt.

Inzwischen gibt es aber neues Material, das die Staatsanwaltschaft in Wien veranlassen müsste, die Geschichte wieder aufzugreifen. Peter Pilz besuchte im Mai in Paris einen iranischen Journalisten, der vor wenigen Wochen nach einer Hausdurchsuchung Iran verlassen hatte. Pilz nennt ihn „Zeugen D“. Dieser behauptet, dass ein Attentäter, Nasser Taghipoor, sich ihm Ende 2001 anvertraut hätte. Dieser wollte sein Zeugnis hinterlassen, bevor er als Mitwisser ermordet würde. Tatsächlich ist er bei einem mysteriösen Tauchunfall ums Leben gekommen. „Zeuge D“ hat jetzt seine schriftliche Aussage beim im Pariser Exil lebenden Expräsidenten Abolhassan Bani Sadr hinterlegt. Darin heißt es: „1367 (1988) wurde seitens des Staatspräsidentenbüros, dessen Chef zu diesem Zeitpunkt Hashemi Rafsandschani war, ein dienstlicher Befehl an die „Qods-Pasdaran“ (Revolutionswächter) erteilt. In diesem Dienstbefehl ging es um die Vernichtung des Kurdenführers der Demokratischen Partei Kurdistan von Iran, Dr. Abdulrahman Ghassemlou. Diese Oppositionspartei wurde von Irans Regierung als gefährlich eingestuft.“

Ghassemlou wurde unter dem Vorwand nach Wien gelockt, die iranische Regierung wolle mit ihm eine einvernehmliche Lösung der Kurdenfrage erörtern. Am Nachmittag des 13. Juli 1989 seien Nasser Taghipoor und die anderen Attentäter in die Wohnung, wo die Gespräche stattfanden, eingelassen worden und hätten das Feuer eröffnet.

Mahmud Ahmedineschad war laut Aussagen des „Zeugen D“ als „Reserve“ in Wien vorgesehen. Er hätte eingegriffen, wenn Taghipoor und sein Team gescheitert wären. Er soll als iranischer Diplomat eingereist sein und die Waffen ins Land geschmuggelt haben. Österreichs Staatsanwaltschaft bestätigt, dass sie von Pilz das Dossier bekommen, jedoch keinen Anlass für eigene Ermittlungen gesehen habe. Denn damals herrschte im Iran Wahlkampf und Anwürfe gegen Kandidaten würden nicht so ernst genommen. RALF LEONHARD