… DIE BERLINER BÖRSE?
: Krisenfest klein sein

Wer die Börse Berlin sucht, steigt am Zoo aus und geht in das Ludwig-Erhard-Haus nebenan. Im Foyer wollen Dutzende Firmenlogos entziffert werden, ehe man das Zeichen des Berliner Finanzplatzes findet. Gemäß den Anweisungen der Empfangsdame begibt man sich in den äußersten linken Flügel des vierten Stocks; hier ist das offizielle Kommunikations- und Servicezentrum der Berliner Wirtschaft untergebracht. Eine Handvoll fein gekleideter Börsenmitarbeiter sitzt in sterilen, klimatisierten Büros. „Wir sind hier nicht in Frankfurt“, sagt Petra Greif, Pressesprecherin der Börse Berlin. „Aber wir machen die Arbeit, die gemacht werden muss.“

Die Mitarbeiter betreuen Kunden, verwalten virtuelle Akten – und das Telefon möchte auch ab und zu bedient werden. Außerdem überwachen sie auf einem Bildschirm eine Grafik, die den Verlauf des elektronischen Handels anzeigt. „Wir arbeiten im Hintergrund“, betont Greif. Die Chartkurve bewegt sich jede zweite Sekunde entweder nach oben, nach unten oder horizontal.

Die große Zeit der Börse Berlin, das war einmal. Anfang des 20. Jahrhunderts, als sie noch unweit der Hackeschen Höfe ihren historischen Sitz hatte, war sogar der hiesige S-Bahnhof nach ihr benannt. Gegründet wurde sie 1685 von Kurfürst Friedrich Wilhelm I. von Brandenburg, Herzog von Preußen. Heute hören keine Fahrgäste mehr die Ansage „nächste Haltestelle: Börse“, und der Adel ist längst aus dem großen Wertpapiergeschäft ausgestiegen.

Im Jahr 2007 ließ sich die Börse Berlin von ihrem Bremer Pendant nach nur vier Jahren glückloser Ehe scheiden. Der Zusammenschluss der beiden Regionalbörsen nach dem Platzen der Internetblase Anfang des Millenniums hatte der übermächtigen Frankfurter Konkurrenz Paroli bieten sollen. Funktioniert hat es nicht.

Die Geschäfte an der Börse laufen komplett virtuell ab. Aus den Hinterzimmern der Banken in New York, London und Frankfurt werden Aktien auf der Internetplattform mit dem Berliner Label gekauft und verkauft, durchaus mit Erfolg. Nur ist von dieser Turbulenz in der deutschen Hauptstadt nichts zu spüren. Das große Geld fließt den Main und die Themse entlang.

Es hat allerdings eine gute Seite, dass kein Berliner Börsenparkett existiert. Ein Jahr nach Beginn der Finanzkrise können die Hauptstädter ihre Hände in Unschuld waschen: Hier wird wenigstens nicht mit Pleitepapieren spekuliert. MO Foto: ap