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„Es geht um die Organisation von Luft“

Auf Kampnagel präsentiert der Klub Katarakt experimentelle gegenwärtige Musik

privat

Jan Feddersen56, ist Komponist und Pianist und gemeinsam mit Robert Engelbrecht künstlerischer Leiter des Klub Katarakt. Seit 2006 ist er Mitglied des Komponistenkollektivs Nelly Boyd.

Interview Robert Matthies

taz: Herr Feddersen, was bedeutet: Ein Klang steht für sich und nicht für anderes?

Jan Feddersen: Ein Klang steht erst mal für sich, weil er eine ganz bestimmte Qualität hat. Klaus Lang, unser diesjähriger Composer in Residence, sagt: Wenn Musik nichts übergestülpt wird – ein Programm, ein emotionaler Ausdruck, der unbedingt passieren soll, eine politische oder gar eine kommerzielle Ausrichtung –, dann tritt die Schönheit aller Klänge viel stärker in den Vordergrund. Weil der Klang dann das Einzige ist, worauf man sich konzen­trieren kann. Der Klang ist dann fast etwas ganz Alltägliches. Es muss nicht immer so ein durchgestylter Riesenklang sein. Es kann eine sehr feine Instrumentation sein, die sich für diesen einen Klang viel mehr Zeit lässt. Musik, sagt Lang, ist letztlich nichts anderes als bewegte Luft, Wellen. Man könnte also auch sagen: Es geht um die Organisation von Luft.

Sie spielen beim Klub Katarakt auch mit Ihrem eigenen Ensemble Nelly Boyd Stücke von Robert Engelbrecht und Ihnen. Sie arbeiten als Komponisten ausdrücklich mit dem Raum. Wie?

Wir machen Kompositionen, die speziell mit Reflexionen und Überlagerungen arbeiten, die nur in einem größeren Raum entstehen …

… und sich an jeder Stelle des Raums anders anhören.

Festival für experimentelle Musik Klub Katarakt: Eröffnung heute, Mi, 19. 1., 20 Uhr, Hamburg, Kampnagel; bis 22. 1.; Infos und Tickets: www.klubkatarakt.net

Ja. Schön wäre, wenn die Leute beim Hören herumlaufen und den Ort wechseln. Das wird diesmal leider wegen der Pandemie wahrscheinlich nicht gehen, aber dann erfährt man Musik eher wie eine Skulptur. Ich bewege mich in einem Klang-Raum, und dieser Klang-Raum ist nicht überall gleich. Musik breitet sich ja im Raum aus, Musik ist eine Zeit-Kunst und auch eine Raum-Kunst.

Sie präsentieren beim Festival immer auch experimentelle Musik mit Schnittstellen zu anderen Formen aktueller Musik. Was gibt es diesmal zu hören?

Wir haben zum Beispiel Lucretia Dalt zu Gast, eine kolumbianische Musikerin und Komponistin, die Avantgarde und zeitgenössische elektronische Musik verknüpft. Und wir haben als weiteren roten Faden drei Schlag­zeu­ge­r:in­nen eingeladen, für deren Arbeit wir uns schon länger interessieren: Gustavo Costa aus Porto, Valentina Magaletti aus London und Andrea Belfi aus Berlin. Die haben jeweils sehr unterschiedliche Ansätze. Magaletti spielt zum Beispiel auch in Bands und elektronischen Ensembles. Belfi und Costa sind eher Solo-Leute.

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