berliner szenen: Die Schafe und die Enten
Die Schafe sind nicht mehr. Erst letzte Woche hatte ich sie auf einem gemeinsamen Spaziergang mit L. in der Hasenheide entdeckt. Dunkelbraun gelockt, sehr zutraulich, freundlich blökend. L. war ganz begeistert gewesen. „Huhu! Gott, seid ihr süß!“, hatte sie die Konversation gestartet. „Ihr seid so ’ne richtig winterharte Sorte, ne?!“ Und jetzt? In dem abgezäunten Areal rund um den Teich kann ich sie nirgendwo entdecken. Ich laufe am Zaun entlang. Dort, wo das nächste Tor eingelassen ist, lugt gerade jemand durch die Doppelstabmatten. Ich spreche ihn an: „Wissen Sie, ob die Schafe noch da sind?“ – „Ja, ja“, versichert er mir, „ich hab gerade eins blöken gehört.“
Ich folge weiter dem Verlauf des Zauns. Auf dem Holzsteg steht eine Frau, um sie herum hängen Meisenknödel in den Bäumen. Sie steht reglos, eine Blaumeise setzt sich auf ihre Hand voller Körner und beginnt zu picken. Ich schleiche mich an den beiden vorbei. Weiter am Zaun entlang. Auch auf dem zweiten Holzsteg ist gerade Fütterungszeit. Hier kommen die Wasservögel zum Zug. Auf die Brüstung hat jemand gesprayt: „Brot verstopft die Verdauung der Vögel und lässt die Teich kippen.“ Aber hier sind zwei Profis am Werk. Sie unterhalten sich lange über eine Ente, die sie als Mandarinenten-Weibchen identifizieren, und sie haben nur beste Körnermischung dabei.
Sie zeigen mir den Reiher, der in einem Baum am anderen Ufer sitzt, die Krickente und die grünen Füße der Teichralle. Dann sucht eine der beiden lange in ihrem Handy, um mir zu zeigen, wie die männliche Mandarinente aussieht. „Ich hab früher im Spandauer Forst gearbeitet, da gibt es viele davon. Piotr, du hast mir doch dieses Video geschickt?“ Als sie das Video findet, erkenne ich die Ente mit ihrem übertrieben bunten Gefieder wieder. „Ah, die, die hieß bei mir immer nur Spezialente.“ Anna Lerch
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