Bonner Studierenden bleibt umstrittene Zweitwohnsteuer erspart

Die meisten nordrhein-westfälischen Städten mit Hochschule kassieren zehn Prozent der Kaltmiete von BürgerInnen, die noch eine Wohnung in einer anderen Stadt halten – was bei vielen Studierenden der Fall ist. Die würden bald durch die Studiengebühren so stark belastet, dass eine Zweitwohnsteuer unzumutbar sei, findet die Stadt Bonn und verzichtet

BONN taz ■ Überraschend hat der Rat der Stadt Bonn die Einführung der so genannten Zweitwohnungssteuer abgelehnt. Eigentlich hätte es mit der Koalition aus SPD, Grünen und Bürger Bund Bonn eine hauchdünne Mehrheit für die umstrittene Steuer geben sollen, von der vor allem Studierende betroffen sind. Mindestens ein Abweichler machte die Pläne dann aber in der Ratssitzung vergangene Woche zunichte. In geheimer Abstimmung stimmten 33 Ratsmitglieder für die Einführung der Steuer, 33 stimmten dagegen.

Zehn Prozent der Nettokaltmiete sollte die Steuer betragen, mit deren Einführung Bonn dem Beispiel von Städten wie Dortmund, Köln, Essen und Aachen folgen wollte. Die Steuer lohnt sich für die Städte: Dortmund beispielsweise kassiert für die rund 800 Fälle pro Jahr 750.000 Euro Zweitwohnsteuer. In Aachen sollen in diesem Jahr noch 595.000 Euro eingetrieben werden. Eingeführt wurde die Steuer in erster Linie, damit die Städte mehr Einwohner verzeichnen und so höhere Schlüsselzuweisungen vom Land erhalten. Ohne den Druck durch Steuern hätten sich die meisten Studierenden beim Umzug an den Studienort nicht bei den Einwohnermeldeämtern umgemeldet, argumentierten die Kommunen.

Der Bonner Kämmerei gehen durch den Verzicht nun rund 400.000 Euro durch die Lappen, so die Schätzung der Stadt. Hinzu kommen entgangene Mehreinnahmen durch höhere Schlüsselzuweisungen.

„Die Steuer passt nicht zum Anspruch der Stadt, Universitäts- und Wirtschaftsstandort mit internationaler Ausrichtung zu sein“, begründet der finanzpolitische Sprecher der CDU, Klaus-Peter Gilles, die Ablehnung seiner Fraktion. Sie sei nicht nur für die Unternehmen „schädlich“, sondern insbesondere für die Studenten, die künftig mit Studiengebühren belastet würden, sagte Gilles. Der Bonner AStA-Vorsitzende Thomas Möws hatte schon im Vorfeld Proteste und einen Musterprozess angekündigt. Bestätigt sahen sich die Studierendenvertreter durch ein Urteil des Verwaltungsgerichts Lüneburg. Das hatte einer Studentin recht gegeben, die gegen die Zahlung einer Zweitwohnsitzsteuer geklagt hatte.

Nach Bekanntwerden dieses Urteils hatte die Stadt Bonn umgehend reagiert. Die Lüneburger Ausgangslage sei nicht auf Bonn übertragbar, hieß es in der Stellungnahme des Steueramtes. Das Schreiben verweist auf die „spezielle Definition“ der Lüneburger Satzung zum Begriff der Wohnung. Sie entspreche nicht dem „nordrhein-westfälischen melderechtlichen Wohnungsbegriff“. Im Unterschied zur Lüneburger Definition gilt in Bonn „jeder umschlossene Raum, der zum Wohnen und Schlafen genutzt wird“ als Wohnung.

Dem schließt sich auch die Stadt Köln an. Dort wurde eine Zweitwohnsteuer schon Ende des letzten Jahres eingeführt – wobei anders als in Bonn die Grünen gegen die Steuer und die CDU dafür waren. In Lüneburg hätten die Richter argumentiert, dass zum Begriff der Wohnung die Abgeschlossenheit und die Ausstattung mit einer Kochgelegenheit, Toilette oder Bad gehört, erläutert Jürgen Müllenberg vom Presseamt der Stadt Köln. Wenn eine Studentin bei ihren Eltern lediglich ein Zimmer bewohne, hätte sie somit aus Sicht der Richter noch nicht einmal einen Erstwohnsitz im Sinne dieser Auslegung gehabt, bemängelt er.

Die Kölner beeilen sich jetzt bei der Umsetzung der Steuer. „Tatsächlich wurde in Köln noch kein Cent Zweitwohnungssteuer bezahlt“, so Müllenberg. Das soll sich nun ändern. Die ersten Steuererklärungsvordrucke sollen noch in diesem Monat an die rund 50.000 Zweitwohnungsinhaber verschickt werden. Die Steuerbescheide sind dann im August fällig. Ursprünglich war Oktober vorgesehen. Die Eile begründet Müllenberg mit dem zu erwartenden Unmut der Betroffenen, die sonst am Ende des Jahres eine große Summe nachzahlen müssten. MARTIN OCHMANN