Rüttgers will Weltspitze werden

Die erste Grundsatzrede des Ministerpräsidenten blieb harmlos. Auf dem Medienforum wiederholte Rüttgers Weisheiten seines Vorgängers und ein neues Ziel: NRW soll Global Player werden

AUS KÖLN SEBASTIAN SEDLMAYR

Einen hohen Anspruch hat Jürgen Rüttgers (CDU) in seiner ersten Grundsatzrede als NRW-Ministerpräsident formuliert: Das Land Nordrhein-Westfalen soll im Medien- und Kommunikationsbereich in die „Weltspitze“ aufsteigen. Dieses Ziel wolle er gemeinsam mit den privaten Unternehmen und dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk „in den nächsten Jahren“ erreichen, sagte Ministerpräsident Rüttgers gestern zur Eröffnung des 17. Medienforums NRW in der Kölnmesse.

Wieviele Regionen oder Länder zu dieser Spitzenkategorie zählen, verriet der Ministerpräsident allerdings nicht. Sein Vorvorgänger, der jetzige Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD), hatte Ende der neunziger Jahre noch die Ambition gehegt, Nordrhein-Westfalen zum Medienstandort Nummer Eins in Europa auszubauen. Teure Flops wie das Oberhausener Trickfilmzentrum und der allgemeine Einbruch der Medienbranche zur Jahrtausendwende hatten Clements Hoffnungen zunichte gemacht. Nun tritt Rüttgers mit einem gewagten Schritt in diese Fußstapfen, wenn er auch „keinen detaillierten Maßnahmenkatalog“ vorlegen mochte.

Wie Clement hat der neue christdemokratische Regierungschef das Amt seines Sprechers mit den Aufgaben eines Staatssekretärs für Medien gekoppelt und dafür den ehemaligen CDU-Landessprecher Thomas Kemper (54) eingestellt. Interessanterweise hatte Kemper am Vorabend vor rund 500 geladenen Gästen in der Bonner T-Mobile-Zentrale noch die „medienpolitische Großmannssucht“ gegeißelt, die NRW „1998 fast auf Platz Eins Europas wähnte“.

Abgesehen von dieser deutlichen Abweichung hatte Kemper den Weg aber bereits grob vorskizziert, den sein Chef dann gestern beschrieb: Die Medienförderung wolle sich auf „Cluster“ – also regional und inhaltlich definierte Schwerpunkte wie den Fernsehstandort Köln – zurückziehen und die Ausbildung im Medienbereich forcieren. Um Wissenschaft, Wirtschaft und Ausbildung an einem Ort zu konzentrieren, sollten zum Beispiel die Kunsthochschule für Medien und die internationale Filmschule in Köln „besser mit der Wirtschaft verzahnt werden“, so Rüttgers.

Obwohl der ehemalige Zukunftsminister der Kohl-Regierung den privaten Rundfunk in seiner Rede als „genauso wichtig wie den öffentlich-rechtlichen“ einstufte, war Rüttgers‘ Liebling gestern überraschenderweise der Westdeutsche Rundfunk (WDR), der einen „unentbehrlichen Beitrag“ für den Medienstandort leiste. Allerdings, und da lauerte schon der Haken, müsse der Programmauftrag neu definiert werden, könne der WDR beinahe unabhängig vom Markt agieren. Im Klartext heißt das: Qualität vor Quote, auch wenn Rüttgers aus diesen beiden Parametern keinen Gegensatz konstruiert wissen wollte. „Es geht darum, dass der Zuspruch des Publikums mit Qualität erreicht werden muss“, so Rüttgers.

Genau das ist auch das Ziel des von Staatskanzlei, Landesanstalt für Medien und der Kölner Agentur HMR International organisierten Medienforums, auf dem gestern und heute das „Prinzip Verantwortung“ zum Motto erhoben wird. Ob es gelingt, den Branchentreff in Köln, zu dem in diesem Jahr mehr als 3.000 Fachbesucher erwartet wurden, auch unter Rüttgers aufrecht zu erhalten, ist noch nicht entschieden. Rüttgers sagte, es werde „wohlwollend, wenn auch kritisch“ geprüft, „ob es bei dieser Form bleiben soll“ (siehe Profil).

Die Opposition reagierte zurückhaltend auf Rüttgers Rede. Der für Medien zuständige Stellvertreter der SPD-Landtagsfraktion, Marc Jan Eumann, sagte der taz nrw, der Ministerpräsident sei „noch nicht auf dem Stand der Diskussion angekommen“, da er im Großen und Ganzen nur die Politik seines Vorgängers Peer Steinbrück (SPD) referiert habe. Eumann sagte, er begrüße das klare Bekenntnis von Rüttgers zum gesellschaftspolitischen Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Der medienpolitische Sprecher der Grünen, Oliver Keymis, lobte ebenfalls die geplante Stärkung des WDR, konstatierte aber: „Das war kein Aufbruch.“