Bundesregierung will „genau beobachten“

Aus Berlin gibt es Appelle an die Konfliktparteien in Kasachstan, aber keine konkreten Maßnahmen

Von Tobias Schulze

Für die deutschen Politik spielt Kasachstan für gewöhnlich keine Rolle. Als Handelspartner ist der zentralasiatische Staat zwar relevant, er gehört zu den wichtigsten Rohöllieferanten der Bundesrepublik. In Bundestagsdebatten fiel der Name des Landes im Jahr 2021 allerdings nur zwei Mal und in Regierungspressekonferenzen überhaupt nicht.

Nach den Protesten und Ausschreitungen sowie dem Schießbefehl der Regierung blickt jetzt aber auch die Bundespolitik auf Kasachstan. „Gewalt kann niemals eine angemessene Antwort sein. Das ist unsere Überzeugung“, sagte Regierungssprecherin Christiane Hoffmann am Freitag. „Wir fordern daher alle Beteiligten auf, zu deeskalieren.“

Ein Sprecher des Außenministeriums ging konkreter auf den Schießbefehl des Präsidenten Tokajew ein. „Der Einsatz von tödlicher Gewalt, erst recht wenn militärische Kräfte zum Einsatz kommen, darf immer nur ein allerletztes Mittel sein“, sagte er. Die kasachische Regierung trage Verantwortung für den Schutz der Bevölkerung. Eine Schutzverpflichtung gebe es auch für den Einsatz des von Russland geführten Militärbündnis OKVS. „Oft sind Militärangehörige nicht dafür ausgebildet, mit zivilen Aufständen umzugehen. Wir fordern deswegen zu ganz besonderer Rücksichtnahme auf“, sagte der Sprecher. Man werde die Vorgänge „genau beobachten“.

Konkrete Maßnahmen kündigte die Regierung nicht an. Aus der Opposition hatte der CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen schon am Donnerstag gefordert, Deutschland und die EU müssten „Schritte für den Fall einer weiteren Eskalation“ vorbereiten. Sein Parteikollege Jürgen Hardt sagte am Freitag der taz, die Bundesregierung müsse „auf einen Wandel der politischen Kultur in Kasachstan drängen“. An einer Grabesruhe im flächenmäßig neuntgrößten Land der Welt könne niemand Interesse haben.

Brisant sind die Ereignisse in Kasachstan und die OKVS-Truppenentsendung auch, da aktuell auf verschiedenen Ebenen Gespräche der Bundesregierung mit Russland anstehen. Am Donnerstag war Jens Plötner, außenpolitischer Berater des Bundeskanzlers, zu Verhandlungen über die Ukrainekrise in Moskau. Kommende Woche sind Gespräche im Nato-Russland-Rat und im Rahmen der OSZE geplant.