Der Schock sitzt tief

PROTEST Ein Jahr nach der Lehman-Pleite kämpfen geschädigte Bremer Anleger um ihr Geld

Im Jahr eins nach Lehman sitzt der Schock bei Gerold Janssen immer noch tief. 72.000 Euro hat er vor einem Jahr verloren, als die amerikanische Bank Lehman Brothers pleiteging. Der 86-Jährige hat sich mit rund 30 anderen Lehman-Geschädigten in der Innenstadt zu einem Trauermarsch versammelt.

Sie skandieren: „Weist die Banken in die Schranken“ und verbrennen Kopien ihrer Lehman-Zertifikate. Janssen steht mittendrin, leicht gebückt mit einem Schild um den Hals, auf dem seine persönliche Lehman-Geschichte geschrieben steht. „Die Banken werden mit Milliarden unterstützt und wir stehen alleine“, klagt er. Sein Anlageberater vom Bankhaus Neelmeyer habe die Zertifikate noch als „besicherte Aktien“ bezeichnet. Doch seine Alterssicherung verpuffte mit der Pleite der emittierenden Lehman-Bank. Jetzt klagt er.

Die Chancen, auf einen Erfolg stehen nicht schlecht, glaubt André Ehlers. Der Bremer Rechtsanwalt vertritt deutschlandweit rund 100 Lehman-Mandanten. „In vielen Fällen besteht sogar der Verdacht auf Straftaten durch falsche Beratung der Banker“, sagt Ehlers. Ob sie allerdings ihr gesamtes Vermögen zurückbekommen ist unklar. Ehlers geht davon aus, dass ein Großteil der Prozesse mit einem Vergleich enden wird.

Die Demonstrantin Maria Frickmann hat schon vorher einen anderen Weg gewählt. Beinahe hätte auch sie 40.000 Euro in Lehman-Zertifikate investiert. Kurz vorher hat sie es sich anders überlegt. „Aus Intuition“, sagt die 78-Jährige. Jetzt will sie ihr Geld auf eine bessere Art ausgeben. Sie geht auf Weltreise.CHRISTOPH PAGEL