USA UND FRANKREICH KOOPERIEREN BEIM KAMPF GEGEN DEN TERRORISMUS
: Einheitsfront der Spione

Seit 2002 betreiben Amerikaner und Franzosen ein gemeinsames Anti-Terror-Zentrum in Paris, das weltweit Netzwerke mutmaßlicher Terroristen aufspüren soll. Die französische Verteidigungsministerin wollte dies weder bestätigen noch dementieren, was übersetzt heißt, dass es stimmt. Ex-CIA-Chef John McLaughlin wird von der Washington Post mit den Worten zitiert, die Beziehung mit Frankreich sei „eine der besten der Welt“. Ungläubig mögen sich manche dies- und jenseits des Atlantiks die Augen reiben über solch vollmundiges Lob nach den Verwerfungen über den Irakkrieg. Wutschnaubend hatten sich führende US-Politiker über die undankbaren Franzosen geäußert, und in den USA hießen „French Fries“ fortan „Freedom Fries“. Doch tatsächlich bestätigt die aktuelle Meldung nur, was in den politischen Zirkeln der US-Hauptstadt längst bekannt ist: Die Zusammenarbeit der Geheimdienste funktionierte nach dem 11. September bestens.

Jenseits aller feindseligen Rhetorik herrschte transatlantische Vernunft. Im Hauptquartier des CIA scherte man sich wenig um die neokonservativen Europa-Verachter, sondern wusste um den Nutzen einer Kooperation mit den seit Jahrzehnten terrorerprobten Europäern. Die Enthüllung vom Wochenende macht außerdem deutlich, dass sich die Bush-Regierung in ihrem so genannten Krieg gegen den Terror nur bedingt Erfolg durch militärische Mittel verspricht. Zahlreiche Sicherheitsexperten hatten diese Strategie seit je bezweifelt. Wie Recht sie hatten, ist heute am Beispiel des Irak tragisch-trefflich zu beobachten.

So begrüßenswert die transatlantischen Spionagebeziehungen sind, so stellt sich jetzt doch eine entscheidende Frage: Wessen Ermittlungsmethoden setzen sich durch? Die Amerikaner haben nach „9/11“ durch geheime Verschleppungen, Gefangennahmen, völkerrechtswidrige und unmenschliche Verhörtechniken das Ansehen ihrer Demokratie und das Vertrauen in ihre Institutionen massiv beschädigt. Die Europäer dürfen sich nicht zu ihrem Erfüllungsgehilfen machen. Sie müssen darauf pochen, dass auch die Geheimdienste die Grundsätze von Demokratie und Menschenrechten wahren. MICHAEL STRECK