berliner szenen
: Kaffee mit Kontrolle

Vor dem Kaffeeladen steht ein älterer Mann und diskutiert mit der Frau, die am Eingang die Impfnachweise überprüft. Sie hält ein Gerät in der Hand und sagt immer wieder: „Das tut mir leid, aber so sind die Bestimmungen.“ – „Das ist ein Kaffeeladen“, sagt der Mann, „ein verdammter Kaffeeladen, gehört Kaffee nicht zum täglichen Bedarf?“

Die Frau schüttelt den Kopf. „Sie lassen mich hier nicht rein, nur weil ich meinen Ausweis nicht dabeihabe? Unglaublich so was. Sonst reicht der Impfnachweis doch auch.“ Eine Kollegin eilt von hinten zu Hilfe. Sie sieht den Mann streng an und sagt: „Wissen Sie, wir machen hier nur unsere Arbeit. Und glauben Sie mir, wir haben uns das alles wirklich nicht ausgedacht. Aber zum Impfnachweis gehört der Personalausweis.“

Der Mann macht eine aufgebrachte Geste und sagt: „Ja, na klar, alle machen nur ihre Arbeit.“ Er dreht sich um, guckt zu mir: „Sie macht auch nur ihre Arbeit.“ – „Lassen Sie mich da raus“, sage ich, „ich will bloß Kaffee kaufen.“ – „Ja, was denken Sie, was ich hier will? Aber ich werde ja nicht gelassen.“ Er regt sich wahnsinnig auf, seine Brille sitzt schon schief. „Das führt ja zu nichts“, sagt eine Frau hinter mir, „können Sie ihm den Kaffee nicht hier draußen verkaufen?“ – „Nein“, sagt die Kollegin, „das geht leider nicht.“

Ich stöhne und sage zu dem Mann: „Wenn Sie mich jetzt vorbeilassen, bringe ich Ihnen den Kaffee mit. Was wollen Sie denn?“ Plötzlich ist er ganz sanft. Er flötet mir die gewünschte Kaffeesorte zu und tritt einen Schritt zur Seite. Drinnen kaufe ich meinen und seinen Kaffee.

„Hier, bitte“, sage ich vor der Tür und reiche ihm das Päckchen. Er gibt mir einen Zehner und sagt: „Danke Ihnen herzlich. Ich habe mich nicht ohne den nach Hause getraut. Wissen Sie, mit meiner Frau ist nicht gut Kirschen essen ohne Kaffee.“

isobel markus