Vanille, ihre Geschichte und der Markt: Bestes Aroma mit Problemen

Vanille, ein Juwel in jedem Gewürzregal, ist kompliziert anzubauen und gute Qualität zum fairen Preis nicht mehr leicht zu finden. Schuld daran ist auch Spekulation.

Zwei getrocknete Vanilleschoten in ihrer charakterisch dunkelbraunen Farbe.

Sieht hässlich aus, ist teuer und immer schwieriger zu bekommen: Vanille Foto: Jocelyn Morales/Unsplash

Bis vor einigen Jahren nahmen die Supermärkte ab November für kurze Zeit Vanilleschoten in ihr Sortiment auf. Wer Kekse oder anderes für die Adventszeit backen wollte, musste sich beeilen, die Ware war immer schnell ausverkauft. Auch mein Gewürzhändler auf dem Wochenmarkt führte keine Vanille mehr. Die Einkaufspreise wären so stark gestiegen, dass er befürchtete, die Ware nicht mehr unter die Leute zu bekommen. Missernten hätten für eine Verknappung gesorgt.

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Tatsächlich war 2017, zwei Monate vor dem jährlichen Erntebeginn, ein heftiger Zyklon über die Anbaugebiete des weltweit größten Vanilleproduzenten Madagaskar hinweggefegt und hatte fast ein Drittel der Pflanzen vernichtet. Begonnen hatte die Preissteigerung schon früher.

Anspruchsvolle Kletterpflanze

Nach Safran ist Vanille das zweitteuerste Gewürz der Welt. Entdeckt wurden die erstaunlichen Eigenschaften der Orchideenart, die später „Vanilla planifolia“ benannt wurde, von den Tachiwin, Ur­ein­woh­ne­r:in­nen Mexikos in der Umgebung des heutigen Veracruz. Die Kletterpflanze windet sich bis zu neun Meter um Bäume herum und bildet an ihren Rispen einmal im Jahr hellgelbe Blüten, von denen jeweils nur eine für wenige Vormittagsstunden blüht.

Als die Spanier im 16. Jahrhundert die Neue Welt eroberten, brachten sie auch Vanille nach Europa. Das neue Gewürz beschäftigte vor allem Frankreich, das unter seinem König Ludwig XIV. versuchte, die Pflanze in seinen ostafrikanischen Kolonien heimisch zu machen. Die Anbauversuche scheiterten an den fehlenden Bestäubern: Die Spanier hätten eine besondere Bienenart und seltene Kolibris mitverschiffen müssen, die die Vanilleblüten ansteuern.

Überall, wo mit den neuen Pflanzen experimentiert wurde, wuchsen sie zwar, bildeten aber keine Kapseln. Der Durchbruch gelang dem zwölfjährigen Sklaven Edmond auf der Insel Bourbon: Er übertrug 1841 die Pollen der zweigeschlechtlichen Pflanze händisch. Nachdem so die Pflanzenzucht gesichert war, weitete Frankreich den Anbau auf Madagaskar aus.

Mehr Produktion, weniger Qualität

Bis heute werden die Vanille-Orchideen außerhalb Mexikos von Hand bestäubt. Diese aufwendige Arbeit und die langwierige sogenannte Schwarzbräunung, bei der die Vanilleschoten monatelang getrocknet und fermentiert werden, rechtfertigen einen hohen Preis für das Gewürz. 2008 war das Kilo mit knapp 20 Euro spottbillig, 2019 kostete es 600 Euro.

Zu den Preistreibern zählten große Konzerne wie Nestlé, die verstärkt auf natürliche Vanille in ihren Produkten setzten, aber auch Großhändler, die auf Spekulationsgewinne hofften und ihre Vanille horteten. Solche Entwicklungen führen zwar dazu, dass in anderen Anbaugebieten die Produktion steigt, gleichzeitig sinkt jedoch die Qualität.

Auf Madagaskar zog die Wertsteigerung der Vanille Kriminalität und Korruption nach sich. Kleine Diebe plündern die Plantagen, bewaffnete Bauern schießen auf Diebe, bewaffnete Diebe schießen auf Plantagenwächter – und organisierte Banden lassen die Ware der Exporteure auf dem Transportweg verschwinden.

Nachfrage bricht ein

Um den Dieben zuvorzukommen oder auch ein schnelleres Geschäft zu machen, ernten viele Vanillebauern ihre Schoten zu früh. So aber entwickeln sich die Aromen nicht weit genug, und auch der Vanillin­anteil sinkt. Zudem setzen Produzenten nun auch Öfen ein, um die Schoten schneller zu trocknen. Auch dies führt zu gravierenden Qualitätsverlusten.

Die Nachfrage der großen Gewürzhandelsunternehmen ist auch deshalb 2020 deutlich eingebrochen und die Preise geben nach. Wer aber in gute Vanilleschoten für den Privathaushalt investieren will, sollte weiterhin etwas mehr ausgeben, nach vertrauenswürdigen Zwischenhändlern suchen und Vanille genau dort einsetzen, wo sie ihre maximale Wirkung entfalten kann: zum Beispiel im Pandemie-Winter 2021, in dem wir unbedingt aromatischen Trost benötigen.

Dieser Text erscheint im taz Thema Kochen & Backen, Ausgabe Dezember2021, Redaktion: Martin Kaluza. Frühere Ausgaben des taz Themas Kochen & Backen können Sie hier nachlesen.

Carola Rönneburg ist Buchautorin und freie Journalistin in Berlin. Nebenbei engagiert sich sich auch noch in Anti-Gentrifizierungs-Initiativen in Kreuzberg.

Aromatischer Trost im Pandemie-Winter kommt idealerweise in Form von Vanillekipferln.

Hier ist das Rezept:

• Es beginnt damit, dass Sie Vanilleschoten, denen Sie im vergangenen Jahr das Mark entnommen haben, in Puderzucker aufbewahrt haben. Das haben Sie nicht? Das ist nicht schlimm. Aber dieses Mal machen Sie es. Das Vanillearoma ist auch im Fettanteil der Schoten vorhanden, am stärksten jedoch in den Außenwänden. Bewahren Sie ausgekratzte Vanilleschoten immer in Zucker oder Puderzucker auf oder verwenden Sie sie, um Öl zu aromatisieren.

• Das Bedeutendste an diesem Rezept sind ohnehin die gerösteten Mandeln. Für die Kipferln 50 Gramm gemahlene Mandeln in einer Pfanne ohne Fett anrösten – ständig rühren und eine Schüssel bereithalten, in die der Inhalt der Pfanne sofort umgefüllt werden kann, bevor die Mandeln schwarz werden. Auskühlen lassen.

• Zwei Vanilleschoten halbieren und auskratzen, mit einem Eigelb, 100 Gramm kalter Butter, 125 Gramm Mehl, 250 Gramm Puderzucker und einer Prise Salz sehr schnell verkneten, zu einer oder zwei dünnen Rollen formen und zwei Stunden in Frischhaltefolie im Kühlschrank parken.

• Die Rollen in kirschengroße Stücke aufteilen, ausrollen und zu Hörnchen formen. Vor dem Backen erneut für eine Stunde kaltstellen.

• Den Backofen auf 160 Grad vorheizen. Die Kipferln sollen innerhalb von etwa 15 Minuten gedeihen, auf die Spitzen achten! Nach dem Backen sofort in Puderzucker oder bereits erstelltem Vanillepuderzucker wälzen. So oder so, das wird gut! (taz)