Der Traum von den Ringen

NRW drückt bei der heutigen Entscheidung über Olympia 2012 die Daumen für New York. Denn sollten die Spiele an die USA vergeben werden, könnte sich das Land 2016 wieder selbst bewerben

VON KLAUS JANSEN

Der Big Boss kümmert sich um den Big Apple. Wenn New York heute in Singapur gegen vier europäische Konkurrenten um die Austragung der Weltspiele des Sports im Jahr 2012 antritt, kann die Stadt auf Reiner Calmund zählen. Der Ex-Manager des Fußball-Bundesligisten Bayer Leverkusen und RTL-Fernsehmoderator unterstützt ganz offiziell die Kandidatur der nordamerikanischen Metropole. „Ich lauf jetzt nicht mit der Fackel rum, aber wenn man mich fragt, dann soll es New York werden“, sagt Calmund. „Nach dem 11. September gibt es symbolisch keinen besseren Ort.“

Calmund begibt sich für einen Außenseiter in den Dschungel der internationalen Sportpolitik. Favoriten für den heute um 13.45 Uhr vergebenen Zuschlag sind Paris und London. Vor dem Fernseher allerdings hoffen viele deutsche Sportfunktionäre darauf, dass die Spiele 2012 nicht nach Europa gehen – denn weil die Spiele zwischen den Kontinenten rotieren, hätte sich dann der Traum einer Olympiade in Deutschland für mindestens acht weitere Jahre erledigt.

Auch Nordrhein-Westfalen hofft insgeheim noch immer auf Weltgeltung durch olympische Spiele. Vor allem Düsseldorfs Oberbürgermeister Joachim Erwin (CDU) gilt als olympiaverrückt. Trotz Dauergrinsen scheiterten seine Bemühungen um die Ausrichtung 2012 schon auf nationaler Ebene an Leipzig. Doch noch immer wirbt die Landeshauptstadt mit dem Logo der Bewerbung („So bunt wie die Welt“). „Das Geld und die Infrastruktur“ habe man für Olympia, verkündet Erwin gerne – zudem eine neue Arena, die dringend Auslastung benötigt und nach den ursprünglichen Bauplänen zum Olympiastadion ausgebaut werden könnte.

Da passt es, dass NRW-WM-Botschafter Calmund ein Erwin-Bekannter ist und vom Rathauschef eigens in den Aufsichtsrat von Fortuna Düsseldorf berufen wurde. „Nee, damit hat das nichts zu tun“, beteuert Calmund am Telefon aus Brasilien, wo er mit einer deutschen Wirtschaftsdelegation weilt. Und auch in Düsseldorf wird abgewiegelt: „Im Moment ist eine neue Bewerbung kein Thema“, sagt Stadtsprecher Manfred Blasczyk. Offiziell unterstützt Düsseldorf die Partnerstadt Moskau – wohl wissend, dass der russischen Hauptstadt kaum Chancen eingeräumt werden.

Offen über neue olympische Ambitionen reden möchte in NRW bislang kaum jemand. Nur der Präsident des Landessportbundes, Walter Schneeloch, macht eine klare Ansage: „Eine nordrhein-westfälische Bewerbung 2016, da wäre ich mit dabei“, so Schneeloch zur taz.

Nur nochmal Düsseldorf, dass will sich Schneeloch nach dem Desaster des vergangenen Anlaufs nicht erneut antun. „Wenn wir das machen, dann sollten wir mit einer richtigen Metropole antreten“, sagt er. Das Ruhrgebiet vereine zwar genügend Menschen, Bewerbungen von Regionen hätten jedoch weiterhin schlechte Karten beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC). „Ich favorisiere Köln“, sagt Schneeloch. Geteilt wird diese Ansicht offenbar vom früheren Sportminister Michael Vesper (Grüne), der sich vor zwei Jahren noch für Düsseldorf stark gemacht hat: „Die Chancen steigen deutlich, wenn man mit einer Millionenstadt antritt“, sagte Vesper der taz. Er rechne bei der Entscheidung in Singapur zwar mit dem Sieg einer europäischen Stadt – sollte es aber anders kommen, „kann NRW eine erneute Bewerbung ins Auge fassen.“

Also Köln. Oder doch Düsseldorf. Und sollte das IOC wider Erwarten „neue Bescheidenheit“ zum Vergabekriterium für die Spiele machen, dann vielleicht Castrop-Rauxel, Bielefeld oder Hückelhoven. Aufwachen wird NRW aus seinem olympischen Traum noch nicht. Selbst wenn man bis zum Jahr 2064 warten muss.