Vom Nullpunkt zur Riesenparty

Das Kulturzentrum Schlachthof feiert ab heute drei Tage lang seinen 25. Geburtstag. Es begann mit Schuttwegräumen, und es endet dieser Tage noch lange nicht – der Schlachthof ist das größte Kulturzentrum der Stadt geworden

Bremen taz ■ In der Broschüre zum Jubiläum werben Coca-Cola und die swb, und wie es so läuft ohne Geschäftsführer im Kulturzentrum Schlachthof, in dem stattdessen alles Anliegende auf den wöchentlichen Mitarbeiterversammlungen besprochen wird, „das erzählen wir nicht öffentlich“ – so professionell sind sie geworden, die rund 20 Leute, die das Kulturzentrum Schlachthof am Leben halten und von heute an sein 25-jähriges Jubiläum feiern (siehe Kasten).

Nichts gegen die Werbung von Coca-Cola, die nähme die taz sofort, wenn sie sie denn bekäme – sowas ist auch ein Indiz für Erfolg, für gelandet sein. Und das ist der Schlachthof: Er ist Bühne, Podium, Treffpunkt, Wahrzeichen, Ort kultureller Aktion und politischer Diskussion und als all das aus Bremen nicht mehr wegzudenken. Die Inhalte wollen immer wieder ausgelotet werden (siehe Text unten), aber die Organisation ist versiert, routiniert.

Es war „ein bisschen schwierig, den Nullpunkt zu finden“, so Gudrun Goldmann, im Schlachthof-Team für die monatlich erscheinende Zeitung Zett verantwortlich, gesetzt wurde nun der Abriss der Fleischmarkthalle am 13. August 1980. Übrig blieb auf dem großen Areal nur das Kesselhaus mit Wasserturm und das Magazin mit Schmiede. In drei Phasen haben die Schlachthöfler ihr Vierteljahrhundert Geschichte geteilt. Erstens: Aufräumen. „Schutt rausräumen, Kessel rausräumen, Programm definieren“, so Gudrun Goldmann über die ersten zwei Jahre, die allein ehrenamtlich gewuppt wurden. Es folgt bis Mitte der 90er der Aus- und Umbau der Anlage, mit einem ehrenamtlichen Vorstand als festem Team und 30 bis 40 stets wechselnden ABM-Kräften. Im ausgebauten Turm entstehen Medien-, Gestaltungs- und Zeitungswerkstatt, und der frische Wind, den die vielen Neuen einerseits bringen, schafft andererseits Unruhe und wenig Kontinuität.

1994 bekam der Schlachthof erstmals einen festen Haushaltstitel, sprich verlässlich Geld. Es folgte somit drittens „die Verstetigung und Professionalisierung“, so Goldmann. Inzwischen arbeiten hier 13 Leute fest, zwei Azubis, ABM-Kräfte, Praktikanten und Absolventen eines freiwilligen kulturellen Jahres. Der Schlachthof ist heute mit bis zu 300 Veranstaltungen und rund 100.000 BesucherInnen im Jahr das größte Kulturzentrum in Bremen.

Was sich verändert hat in all den Jahren: „Früher gab es viel mehr Bereitschaft, sich politisch zu engagieren“, sagt Gudrun Goldmann, „und die Ansprüche an Qualität sind sehr gestiegen.“ Videokurs für Anfänger? „Da kommt heute keiner mehr“, erzählt Jens Werner von der Medienwerkstatt. „Für die Workshops engagieren wir heute Medienkünstler, während wir das früher selbst gemacht haben.“ Die Konkurrenz habe zugenommen und damit der Druck, Aufmerksamkeit herzustellen, „Projekte zu entwickeln, die in der Stadt wahrgenommen werden.“ Und noch etwas ist mehr geworden: der Papierkrieg. Gudrun Goldmann: „Wir verbringen ohne Ende Zeit damit, Projektanträge zu stellen.“ sgi