DIE EM VOM NORDEN AUS (11)
: Bert Trautmann und die Dominanz des Kommerziellen

ist nicht der Onkel des Fußballers Wayne Rooney – und eben dadurch 2006 berühmt geworden

MARTIN ROONEY

Der Lebenslauf des 1923 in Bremen geborenen Bert Trautmann liest sich wie ein spannender Roman. Im Dritten Reich absolvierte er eine Funkerausbildung, ging dann zu den Fallschirmjägern. Es folgten Kriegseinsätze an der Ostfront und in Frankreich, drei Mal wurde er gefangen genommen. Drei Mal konnte er fliehen, bis ihm eines Tages ein Tommy über den Weg lief und lakonisch fragte: „Hast Du Lust auf eine Tasse Tee?“ Der Krieg war zu Ende.

Vom britischen Kriegsgefangenenlager Camp 50 schaffte Trautmann den unglaublichen Aufstieg ins Tor von Manchester City. 1956 wurde der ehemalige Prisoner of War als erster Ausländer zum Fußballer des Jahres in England gewählt, anschließend wurde sein Verein Cupsieger. 19 Minuten vor dem Abpfiff des Finales gegen Birmingham City wurde er mit voller Wucht am Nacken getroffen. Doch er rappelte sich wieder auf, rettete mit tollen Paraden City den Pokal. Hinterher stellte sich heraus, dass er sich einen Nackenwirbel gebrochen hatte.

Nach sechs Monaten war Trautmann genesen. Insgesamt spielte er 539 Mal für City. 2008 wurde er, der heute bei Valencia lebt, zum „besten Manchester City Spieler aller Zeiten“ gewählt. Ich fragte ihn nach seinen Eindrücken von der EM.

„Mich ärgert die Dominanz des Kommerziellen“, erklärt der bekennende „Fußballästhet“ Trautmann. Die Beweihräucherung und Selbstbeweihräucherung der Spieler in den Medien habe inzwischen ein unerträgliches Ausmaß erreicht: „Um das Fernsehpublikum nicht zu irritieren, verzichten die Kommentatoren auf Kritik an Fehlern und Fehlentwicklungen.“

Das Niveau der Spiele findet er „so und so“. Spanien gegen Italien sei ein hochklassiges Spiel gewesen. England gegen Schweden sei richtig packend und dramatisch gewesen, „ein typisches Premier League Spiel“, befindet er. Es habe ihn sehr erfreut, dass sich bisher nur ein Spieler (Muskelfaserriss) schwer verletzt habe und deswegen ausscheiden musste.

Was hält er von Joe Hart (Manchester City), dem englischen Nationaltorhüter ? „Ich kenne ihn persönlich nicht, habe ihn bei City aber zweimal live gesehen. Ein beeindruckender Keeper. Schon vor der WM 2010 habe ich mich für Hart eingesetzt. Doch Capello hat David James und Robert Green in Südafrika bevorzugt. In den ersten beiden EM-Spielen war Hart leicht nervös, es ist ja sein erstes großes Turnier. Er hat alle Eigenschaften, um eine ganz große Karriere hinzulegen.“

Und das Endspiel? „Deutschland tritt gegen Spanien an und ich denke, dass Deutschland gewinnt.“