Kalayci will den Lockdown

Gesundheitssenatorin fordert die Notbremse im Bund. Seit Samstag gelten schärfere Coronaregeln in Berlin – der Einzelhandel klagt über Umsatzeinbußen durch 2G. Weihnachtsmärkte wenig besucht

Angesichts des rasanten Anstiegs der Zahl von Corona-Neuinfektionen hält Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) einen erneuten Lockdown für erforderlich. „Ich fordere den Bund auf, eine Bundesnotbremse einzusetzen“, sagte die geschäftsführende Senatorin am Samstag der Berliner Morgenpost. Zugleich bat sie die Menschen in Berlin, Großveranstaltungen vor allem in Innenräumen zu meiden, um das Ansteckungsrisiko zu senken.

In Berlin gelten seit Samstag schärfere Coronaregeln. Damit haben zu den meisten Geschäften nur noch Geimpfte und Genesene Zutritt. Ein negatives Testergebnis reicht nicht mehr. Ausgenommen sind unter anderem Supermärkte, Drogerien und Apotheken. Der Einzelhandel erwartet infolge der Verschärfung deutliche Umsatzeinbußen. „Wir verzeichnen bereits Frequenzrückgänge“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Berlin-Brandenburg, Nils Busch-Petersen. Er rechne mit Umsatzeinbußen von bis zu 40 Prozent. Zugleich erneuerte Busch-Petersen seine Kritik an der Umsetzung der 2G-Regel wegen der Folgen für die Beschäftigten: „Die Mitarbeitenden müssen die Hilfspolizei geben und bei der Kontrolle die Konfrontationen mit Kunden aushalten.“ Außerdem bestehe die Gefahr, dass es durch die Kontrollen am Eingang zu Gedränge und längeren Wartezeiten komme. Am Samstag war dies zeitweise bei einigen größeren Geschäften auf Einkaufsstraßen wie dem Tauentzien oder der Schloßstraße in Berlin-Steglitz zu beobachten.

Anders als in Brandenburg dürfen die Weihnachtsmärkte in Berlin vorerst weiter öffnen. Wie schon zuvor gilt für die Besucher Maskenpflicht. Manche Veranstalter setzen auf 2G-Regeln, auf anderen Märkten haben auch Ungeimpfte Zutritt.

Der große Ansturm blieb nach Schilderungen von Händlern und Veranstaltern allerdings aus. „Es gibt kein dichtes Gedränge wie früher“, sagte etwa ein Sprecher des Weihnachtsmarktes auf dem Gendarmenmarkt am Sonntag. „Die Leute sind bedächtiger und deutlich zivilisierter als sonst“, sagte auch Peter Müller, der seit Jahrzehnten gemeinsam mit seiner Frau drei Essensstände auf dem Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz betreibt. Es seien „deutlich weniger Touristen“ da als vor de Pandemie.

Wieder mehr Impfungen

68,9 Prozent der BerlinerInnen sind vollständig geimpft, 71,5 Prozent haben eine erste Impfung erhalten. Die 7-Tage-Inzidenz stieg am Sonntag erneut auf 371,6. Derzeit werden die Impfkapazitäten in der Hauptstadt wieder hochgefahren.

Der Projektleiter der Corona-Impfzentren, Albrecht Broemme, bezeichnete in diesem Zusammenhang die Absage der Grünen Woche in Berlin als Chance, weil das Impfzentrum in der Messe bestehen bleiben kann. Infolgedessen seien täglich etwa 3.000 Impfungen mehr gegen das Coronavirus möglich. „Ab Mitte, Ende Dezember können wir das dann bieten, weil dann der Ausbau des ICC abgeschlossen sein wird“, sagte Broemme dem RBB-Inforadio am Samstag.

Bei den Impfstellen ist die Nachfrage in den vergangenen Tagen gestiegen, immer wieder sind Warteschlangen zu beobachten. So mussten etwa Menschen ohne Termin am Samstag am Impfzentrum Tegel bis zu vier Stunden warten, wie ein dpa-Reporter schilderte.

Das Interesse an Impfterminen ist in der vierten Coronawelle deutlich gestiegen. Laut Daten des Plattformbetreibers Doctolib, dessen Software bei der Koordination Impfterminen genutzt wird, wurden allein in der vergangenen Woche rund 157.800 Auffrischungsimpfungen gebucht. In der dritten Oktoberwoche habe die Anzahl noch bei knapp 8.900 gelegen, teilte das Unternehmen auf Anfrage am Sonntag mit. Auch das Interesse an Erstimpfungen steigt: von durchschnittlich 643 Buchungen pro Tag im Oktober auf 1.113 im November. (dpa)