: Tanz der Zuckerfee
Irgendwo ist es immer fünf Uhr. Insofern klang der KaDeWe-Party-Anlass vom Dienstag auch nicht alberner als andere: Die Tiffany-Schaufenster-Enthüllung galt es zu feiern, zehn Auslagen in Richtung Tauentzienstraße. Das Haus möchte vermitteln, dass tout Berlin vor Weihnachten auf nichts anderes wartet. Und in Schaufenstern lässt es sich ausleben – die Designs von Modekreativen wie Halston oder Vivienne Westwood waren legendär. Man kann die US-Tradition des Design-Schaufensters und das darin enthaltene ungesund-leidenschaftliche Verhältnis zum Kapitalismus also noch so kritisch hinterfragen: Fantasielandschaften haben mit Märchen zu tun.
Am Dienstag warteten die Fenster züchtig verhüllt, während „Digital Creators“ und analog Kreative (wie die Designerin Ester Perbandt oder die Schauspieler:innen Sabin Tambrea und Alice Dwyer) nach dem 2G-Check-in ab 20.15 Uhr ins Haus drängten, Richtung Musik und Champagner. („Digital Creators“ sind Influencer:innen, doch dieser Begriff wird vor allem von „Digital Immigrants“ inflationär benutzt, weshalb „Creators“ exklusiver klingt.) Die Challenge, bis 21 Uhr drei Gläser Schampus und alle Kanapees wegzustecken, gelang fast – nach immerhin zwei Gläsern, vier Ziegenfrischkäse-Feigen-Talern und drei Kürbistäschchen mischte man sich unter die Creators, und „groundete“ sie. Um 21 Uhr ging es auf den Bürgersteig, eine Violinistin spielte auf einer geschmacklich fragwürdigen weißen Geige Tschaikowskys „Tanz der Zuckerfee“ zum Elektrobeat.
Kurz darauf fielen die Vorhänge, und die Weihnachtsgeschenkvorschläge des Juweliers kamen zum Vorschein, größtenteils Broschen (Vögel) und Ringe, versteckt in Theaterbühnen-Settings. Hinten schneite es per Video, davor prangten New Yorker Straßenschilder, vorn flatterten Feuervögel, in der Ecke glitzerte klein der Ring.
Das große Finale endete somit als zurückhaltendes „Pfffff“. Überhaupt, falls jemand etwas weniger Geld und keine Geschenkidee hat: Statt der wahnsinnig teuren Brosche tut’s auch eine Flasche Champagner. Jenni Zylka
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen