Wehrpflichtige zu Objektschützern

Die CDU will die Bundeswehr zum Wahlkampfthema machen. Sie soll als Polizeitruppe eingesetzt werden können

HANNOVER taz ■ Die Wehrpolitiker der Union haben es nicht leicht. Wie sollen sie sich von der rot-grünen Koalition abgrenzen, die mehr Truppen in alle Welt entsandt hat, als es womöglich eine CDU-geführte Regierung gewagt hätte? Die gleich zweimal Bundeswehrsoldaten in Kampfeinsätze schickte?

Die Antwort der Union liegt an der Heimatfront. Am Montag lud der CDU-Außenpolitiker Friedbert Pflüger in seinen Wahlkreis nach Hannover, um das vor gut einem Jahr konzipierte „Gesamtverteidigungskonzept“ diskutieren zu lassen. Denn profilieren will sich die Union im Wahlkampf nicht nur mit der Sozial- und Wirtschaftspolitik. Konkret: Mit der CDU wird an der Wehrpflicht wird nicht gerüttelt. Sie wird neu legitimiert mit dem „Heimatschutz“ genannten Einsatz der Bundeswehr im Inneren.

Während bei der SPD der Streit um das Thema Wehrpflicht erst im November beendet werden soll, haben sich die Sozialdemokraten beim „Heimatschutz“ nach CDU-Art festgelegt: „Wir bleiben bei dem bewährten Prinzip der klaren Trennung zwischen den Aufgaben der Streitkräfte und der Polizei“, heißt es im SPD-Wahlmanifest.

Die Zustimmung der SPD für eine entsprechende Grundgesetzänderung aber bräuchte die Union, wollte sie ihr Konzept vollständig umsetzen. Deshalb wählte Pflüger am Montag möglichst vorsichtige Worte, als er davon sprach, die Bundeswehr solle nur „ergänzend zu Polizei und Bundesgrenzschutz“ und nur „im Rahmen festgelegter Grenzen“ eingesetzt werden.

Der CDU-Abgeordnete Thomas Kossendey wurde deutlicher: Eine Grundgesetzänderung würde den Menschen klar machen, dass „Soldaten bei Katastrophen in bestimmten Gebieten das Sagen haben“. „Wo liegt dann die Grenze bei der Unterstützung der Polizei durch Soldaten?“, fragte ein Polizeiausbilder aus dem Publikum. Wie sollen Wehrpflichtige Aufgaben übernehmen, wofür „Polizisten drei Jahre lang ausgebildet werden“? Hans-Peter von Kirchbach, ehemaliger Generalinspekteur der Bundeswehr, wiegelte ab. Wehrpflichtige hätten jahrzehntelang Kasernen bewacht. Da müssten die Soldaten nur neue Rechtsvorschriften lernen, um Ähnliches auch andernorts zu tun.

Ein „Gesamtsicherheitskonzept“ mit Wehrpflichtigen als Objektschützern? Das wäre dann doch zu dünn. Und so sprach Pflüger von einer neuen „Sicherheitsphilosophie“, die Deutschland brauche. Und natürlich warnt er vor islamischem Extremismus,Terrorismus und Massenvernichtungswaffen. Da gelte es auch, „präventiv“ zu handeln.

Konkret wird das „Gesamtsicherheitskonzept“ darüber hinaus nur in einem Punkt. Geht es nach Pflüger, bekommt Deutschland bald einen „Nationalen Sicherheitsrat“. Der soll eine „einheitliche politische Leitung im Krisenmanagement sicherstellen“, „Abwehrmaßnahmen und Notfallplanungen“ koordinieren und „eine „ressortübergreifende Analyse möglicher Bedrohungen“ vornehmen. E. CHAUVISTRÉ