Wieder diese Fehler

Borussia Dortmund scheitert ungewohnt frühzeitig in der Champions League. Die Verletztenmisere ist allerdings nur ein Grund von vielen

Gefangen in alten Mustern: Thomas Meunier ist enttäuscht über die flache Lernkurve seines Teams Foto: reuters

VonDaniel Theweleit

Es war ein seltsamer Impuls, dem Marco Rose während seines ersten Statements nach seinem bislang schmerzlichsten Erlebnis als Trainer von Borussia Dortmund folgte. „Wenn es einfach reicht, kompromissloser und konsequenter zu sein in der Champions League in so einem wichtigen Spiel, dann hat man es sich verdient“, sagte er nach der 3:1-Niederlage bei Sporting Lissabon, in deren Folge der BVB aus dem Wettbewerb ausgeschieden ist. Diese Worte enthielten nicht nur Selbstkritik, sondern auch einen leisen Vorwurf an den Gegner, der mit begrenzten Möglichkeiten und einem Otto-Rehagel’schen Pragmatismus in die K.-o.-Runde eingezogen ist. Roses Augen blitzten gefährlich, als ob er es für verwerflich hält, diesen so glanzvoll strahlenden Wettbewerb mit langen Bällen aus der Abwehrkette an den gegnerischen Strafraum zu beschmutzen, die dann auch noch – wie vor Pedro Goncalves 1:0 (30.) – zu einem Tor führen.

Vielleicht hätte jedoch auch den Dortmundern in diesem schwierigen Spiel ein weniger fehleranfälliger Spielansatz geholfen. Die Hauptursachen für diese Niederlage sind schon lange bekannt. „Wir diskutieren in dieser Saison immer wieder über die gleichen Fehler“, sagte Reus in Anspielung auf die chronische Neigung seines Teams zu kleinen Unaufmerksamkeiten und zu technischen Fehlern beim Verteidigen wie vor Goncalves' 2:0 (39.). Nur ein einziges Mal spielte der BVB in der Bundesliga zu null, in der Champions League sind elf Gegentreffer in fünf Partien zu viel, und Reus formulierte einen Satz, der gar noch eine Ebene tiefer reicht. „Wenn wir mal eine gute Phase haben, kommt dann so was wie heute raus oder in Amsterdam. Und das wirft uns in unserer Entwicklung zurück, weil wir einfach nicht draus lernen.“

Lucien Favre hat in seinen zweieinhalb Jahren beim BVB dreimal das Achtelfinale der Königsklasse erreicht, nun ist der Klub zum ersten Mal seit 2017 wieder in der Gruppenphase ausgeschieden. Das schmerzt sportlich, in dieser wirtschaftlich angespannten Lage aber auch finanziell. Ob und zu welchen Anteilen die Arbeit des Trainers zu den Ursachen für diese Enttäuschung zählt, die Rose selbst als „Einschnitt“ bezeichnete, lässt sich nur schwer sagen.

Denn seit dieser Trainer in Dortmund arbeitet, fehlten ständig mehrere wichtige Spieler. Rose ist ein Verwalter des Mangels. Erling Haaland ist sowieso nicht nicht zu ersetzen, auch die unberechtigte rote Karte für Mats Hummels beim 1:3 gegen Amsterdam prägte diese Gruppenphase. Das noch größere Problem war aber die Masse der Ausfälle. In den ersten drei Monaten der Saison waren zwei Drittel der Startelfkandidaten irgendwann verletzt oder krank. Nico Schulz, der zuvor wochenlang ausgefallen war, leitete nach ordentlichem Beginn in Lissabon durch eine völlig missratene Ballannahme das 1:0 ein. Das 3:0 (Pedro Porro per Elfmeternachschuss, 81.) ermöglichte Dan-Axel Zagadou, der nach einer monatelangen Pause im laufenden Spieljahr erst vier Minuten für die erste Mannschaft im Einsatz war, durch ein vollkommen unnötiges Foul im Strafraum. Auch das lässt sich mit der fehlenden Spielpraxis erklären.

Und dass Emre Can in einer weiteren Schlüsselszene die rote Karte sah, passte zu dieser missratenen Champions-League-Saison. Can ist eigentlich als erfahrener Spieler für solche Partien verpflichtet worden, an diesem Abend war er nicht zum ersten Mal Teil des Problems. Dass Donyell Malen in der Nachspielzeit zum 3:1 traf und die Mannschaft bis zum 1:0 „ordentlich im Spiel“ war, wie Rose anmerkte, tröstete am Ende niemanden. Lissabon war „einfach kompromissloser und konsequenter in bestimmten Situationen“, sagte Rose.

Das klang verdächtig nach der in Dortmund so verhassten Mentalitätsdebatte, aber in diesem Herbst spielen viele Faktoren eine Rolle, dass exakte Analysen schwer sind. Es bleibt nun die Europa League. In diesem Wettbewerb zählen die Dortmunder zu den Titelkandidaten. Es ist gut möglich, dass dieser instabile BVB aufgrund der Niederlage von Lissabon im kommenden Jahr viele Spiele im kleineren der beiden Europapokale bestreitet und nicht nur zwei Achtelfinalduelle mit einem Team, das zu stark ist für Marco Roses schwarz-gelbes Projekt.