Big Spender berufen sich auf Verschwiegenheitspflicht

Die dem Aufsichtsratsausschuss der Kölner Verkehrsbetriebe angehörenden Gewerkschaftsvertreter sehen sich öffentlicher Schelte ausgesetzt. Sie haben mit einem Beschluss die Altersbezüge eines Arbeitsdirektors um zehn Prozent aufgestockt. Nun schweigen sie sich aber über die Beweggründe aus

KÖLN taz ■ Den Kollegen Lohneinbußen zumuten, den Chefs das Geld nachschmeißen – diesem Vorwurf sehen sich derzeit in Köln drei Gewerkschafter ausgesetzt. Sie sind Mitglieder eines vierköpfigen Aufsichtsratsausschusses der Kölner Verkehrsbetriebe (KVB). Der soll im November des Vorjahres einem auf eigenen Wunsch vorzeitig ausscheidenden KVB-Vorstandsmitglied die Altersbezüge von 63 auf 70 Prozent erhöht haben. Danach würde der ehemalige KVB-Arbeitsdirektor Hubert Kämmerling (61) nun 175.000 Euro im Jahr erhalten. Doch um die um zehn Prozent erhöhten Bezüge zu erhalten, hätte Kämmerling eigentlich noch bis 2007 arbeiten müssen.

So zumindest meldete es der Kölner Stadt-Anzeiger und berief sich auf das Protokoll der Ausschusssitzung. Warum sich der Ausschuss in diesem Fall so generös zeigte, lässt sich dem Ausschussprotokoll nicht entnehmen. Fakt ist, dass drei der vier Mitglieder dieses Gremiums SPD-Parteifreunde Kämmerlings sind: Wilfrid Kuckelkorn als Aufsichtsratsvorsitzender, der KVB-Betriebsratsvorsitzende und künftige Arbeitsdirektor Kuno Weber, sowie der Sekretär der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di,Peter Meyer.

Eine Stellungnahme der Gewerkschafter wurde bislang nicht veröffentlicht. Prompt schlagen seitdem Leitartikel- und Leserbriefschreiber in Domstadt auf die Arbeitnehmervertreter ein. Auch Oberbürgermeister Fritz Schramma (CDU), FDP und Grüne hielten sich mit ihrer Kritik nicht zurück. Die drei Gewerkschafter haben sich zwar nicht persönlich bereichert, doch der Vorfall passt in die politische Landschaft: In Wolfsburg eskaliert der Skandal um das Geschäftsgebaren im VW-Betriebsrat. Auch die Stimmenthaltung des damaligen IG-Metall-Chefs Klaus Zwickel bei den hohen Abfindungen für Mannesmann-Manager ist noch in Erinnerung.

Einzig das vierte Ausschussmitglied, Martha Kölzer (CDU), hat den Beschluss der so genannten „Viererbande“ (Kölner Stadt-Anzeiger) offensiv verteidigt: Warum solle ein Direktor der Verkehrsbetriebe anders behandelt werden, als andere Führungsmenschen, fragte sie in der Kölnischen Rundschau. In dem Ausschuss vertritt sie neben Wilfrid Kuckelkorn die Anteilseigner. Kuno Weber und Peter Meyer sitzen für die Beschäftigten in dem Ausschuss – ein Gremium des paritätisch besetzten, 20 Mitglieder starken Aufsichtsrats des kommunalen Verkehrsunternehmens. Da es hier vorwiegend um Personalangelegenheiten innerhalb des Vorstandes und der Geschäftsführung geht, sind seine Mitglieder sind zur Verschwiegenheit verpflichtet.

Meyer beruft sich genau auf diese Verschwiegenheitspflicht: „Ich fühle mich durch diese Diskussion persönlich angegriffen, aber ich darf keine Interna an die Öffentlichkeit geben, weder aus der besagten Sitzung noch aus Arbeitsverträgen.“ Zudem habe die Presse die Inhalte aus der fraglichen Sitzung nur teilweise richtig wiedergegeben. Auf Nachfrage, ob es vielleicht besser gewesen wäre, wenn er sich bei der Abstimmung enthalten hätte, antwortete Meyer: „Auch jede Aussage dazu wäre eine Verletzung der Verschwiegenheitspflicht.“ Im Übrigen sei eine Enthaltung seiner Auffassung nach im Mitbestimmungsgesetz nicht vorgesehen. Er hoffe aber, dass diese Diskussion „zur künftigen Transparenz“ in solchen Vertragsangelegenheiten beitrage. Dies müsse aber von den Anteilseignern ausgehen. Gleichzeitig begrüßte er, dass die Kölner Staatsanwaltschaft die Rechtmäßigkeit der nachträglichen Pensionserhöhung überprüft. Mittlerweile wurde ein Ermittlungsverfahren wegen Verdachts der Untreue eingeleitet.

Den Vorwurf, bei den KVB-Beschäftigten Löhne zu drücken und den Managern das Geld nach zu schmeißen, weist Meyer zurück. „Um Arbeitsplätze zu sichern, haben wir 2004 einen Spartentarifvertrag abgeschlossen, der vielen Kollegen in der Tat materielle Einbußen brachte, anderen aber auch mehr Geld. In diesem Jahr haben wir wieder Lohnerhöhungen bis zu zwei Prozent erreicht.“ JÜRGEN SCHÖN