Off-Kino: Filme aus dem Archiv-frisch gesichtet
Für die ehemalige Wettkampfschwimmerin Esther Williams – sie war immerhin US-Meisterin über 100 Meter Freistil – stellte der Part der Sportlehrerin Caroline in George Sidneys Musical „Badende Venus“ (1944) die erste Hauptrolle in einem Film dar. Doch obwohl Aqua-Shows damals als beliebte Unterhaltung galten, war man sich bei der Produktionsfirma MGM nicht sicher, ob Williams beim Publikum wirklich ankommen würde. Der Kompromiss lässt sich in „Badende Venus“ deutlich erkennen: Das Skript diente eigentlich eher als Vehikel für den populären Komiker Red Skelton, während das große Wasserballett-Finale lediglich eine Zugabe war. Allerdings ist es der unbestrittene Höhepunkt des Films: Neben Esther Williams tummeln sich 150 Tänzerinnen und Schwimmerinnen in pinkfarbenen Kostümen zwischen riesigen Pappmaché-Seepferdchen inmitten von Wasser- und Feuerfontänen zu Walzerklängen von Johann Strauß am und im 250 000 Dollar teuren MGM-Pool. In ihren besten Momenten erinnert die Sequenz an Busby Berkeleys legendäre Massenchoreografien in den Warner-Musicals der Dreißigerjahre. „Badende Venus“ erwies sich dann übrigens als einer der Kassenschlager der Saison, und Esther Williams musste in ihren kommenden Filmen den Ruhm nicht mehr mit irgendwelchen Komikern teilen.
Das diesjährige Tennisturnier von Wimbledon ist schon wieder vorbei, und die Sieger heißen Venus Williams und Roger Federer. Für die Briten hingegen gab es wieder einmal nichts zu gewinnen. Das ist in der Sport- und Liebeskomödie „Wimbledon“ von Regisseur Richard Loncraine ganz anders: Hier erringt der Brite Peter Colt (Paul Bettany) nämlich überraschend den Sieg auf dem legendären Centre Court. Dabei hat er nur noch Ranglistenplatz 119 inne und steht kurz vor dem Ende seiner sportlichen Karriere. Allerdings hat er sich verliebt – und da die junge amerikanische Tennisspielerin Lizzy Bradbury von der wunderbaren Kirsten Dunst gespielt wird, ist sein plötzlicher Höhenflug kein Wunder. Und die Sportszenen sind durchaus interessant: Da von den Schauspielern kaum sportliche Großtaten zu erwarten sind, verzichtet der Film auf die klassische Fernsehtotale und löst das Spiel in viele einzelne Einstellungen auf, die zum Teil durch Zeitlupe und digitale Effekte verfremdet werden. Dazu hört man dann Peter Colts innere Stimme – ein durchaus ernst zu nehmender Versuch, die seelische Verfassung des Spielers und die Beeinflussung des Spiels durch gute wie schlechte Gefühle erfahrbar zu machen.
Die Spezialität des Zeichentrickregisseurs Tex Avery waren die wahnwitzigen Verfolgungsjagden, in denen er seine Figuren stets an die Grenzen des Logischen und der physikalischen Gesetze schickte: Da stolpern die Protagonisten dann auch schon mal aus der Farbigkeit ins Schwarzweiß: „Technicolor ends here.“ Hinreißend auch die umgestalteten Märchenverfilmungen: mit dem bösen Wolf als Adolf Hitler („Blitz Wolf“, 1942) oder kurvigen Pin-up-Girls in der Rolle von Rotkäppchen und Cinderella … Lars Penning
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen