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Eine unmögliche Liebe

Paris scheitert zum dritten Mal mit seiner Bewerbung für die Olympischen Spiele. Diesmal ausgerechnet an London

Nein, keine knusprigen Pariser Croissants zum Frühstück, stattdessen nebelnasser Porridge bis zum Abwinken. Die Olympioniken des Jahres 2012 werden noch Glück haben, wenn sie in London wenigsten Würstchen, Spiegelei und Baked Beans vorgesetzt bekommen.

„Man kann Menschen einfach nicht vertrauen, die so schlecht kochen“, hatte Frankreichs Präsident Jacques Chirac in trauter Runde mit Gerhard „Trust me“ Schröder und Wladimir Putin gelästert. In Singapur hatte er sich noch persönlich an das IOC gewandt mit den Worten: „Sie können Frankreich vertrauen, Sie können den Franzosen vertrauen, Sie können uns vertrauen.“ Das IOC jedoch ließ Boeuf Bourgignon und normannischen Frischkäse einfach links liegen und erklärte London zur Stadt seines Vertrauens. Merde.

Der „Krieg zwischen Franzosen und Briten, 200 Jahre nach der Schlacht von Trafalgar“ (France Soir) wurde gestern erneut zuungunsten der Franzosen entschieden – ein schwerer Schlag für das von Arbeitslosigkeit und Verunsicherung geplagte Nachbarland, das in den letzten Monaten all seine Hoffnungen auf den Zuschlag für Olympia gesetzt hatte. Die Bewerbung war ein nationales Projekt, die Niederlage wird als nationales Scheitern empfunden.

Werden die Franzosen nun den Ärmelkanal verbreitern? Den Euro-Tunnel fluten? Aus lauter Frust ein Atoll atomisieren? Der bis zuletzt spannende Wettbewerb der beiden Metropolen Paris und London – Chirac gegen Blair – zeigte in seinen aggressiven Zuspitzungen einmal mehr, wie gut die chauvinistischen Reflexe in „Old Europe“ funktionieren.

Glück im Unglück für Deutschland: Die gute alte „Erbfeindschaft“ ist ebenso in Vergessenheit geraten wie die zuletzt nur noch bemüht wirkende „deutsch-französische Freundschaft“. Franzosen und Deutsche stehen in freundlicher Gleichgültigkeit Seite an Seite. Gott sei Dank musste das Leipziger Allerlei keiner kritischen Überprüfung von französischer Seite standhalten. MARTIN REICHERT

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