„Die Basis stimmt“

ZWEITE LIGA Rachid Azzouzi, neuer Sportchef des FC St. Pauli, über persönliche Komfortzonen, ein neues Spielsystem und Defizite im Nachwuchsbereich

■ 41, in Marokko geboren, kam als Kind nach Deutschland, fühlt sich als Rheinländer und heuerte auf St. Pauli als Sportchef an. Foto: dpa

taz: Herr Azzouzi, 15 Jahre haben Sie mit Greuther Fürth auf den Bundesligaaufstieg hingearbeitet – als Spieler, dann als Teammanager und Sportdirektor. Statt nun die Früchte zu ernten, gehen Sie weg aus Fürth zum FC St. Pauli. Trauen Sie sich die erste Bundesliga nicht zu?

Rachid Azzouzi: Was als Rückschritt wirken mag, ist für mich der nächste Schritt in meiner Entwicklung – der mir nicht leichtgefallen ist. Ich bin bodenständig, doch nach so langer Zeit besteht die Gefahr, sich in seiner Komfortzone einzurichten. Als St. Pauli anklopfte, war mir klar: Die Zeit für eine Veränderung ist da. Ich will meinen Horizont erweitern bei einem Verein, den ich schon als Spieler in seiner Struktur und mit seinen Fans als einmalig erlebt habe.

Als was für einen Mensch sehen Sie sich?

Ich bin ein sehr direkter Typ, der Probleme offen anspricht.

Da haben Sie einiges anzusprechen: Trainer André Schubert ist durch seine Fast-Entlassung angeschlagen, der Spielerkader ein Fragment.

Ich glaube, dass André Schubert aus der Krise gestärkt hervorgehen kann. Er und das Team haben einen guten Job gemacht und den Aufstieg denkbar knapp verpasst. Die Basis stimmt also. Zudem halte ich von den Spielern, die neu verpflichtet wurden, eine ganze Menge. Natürlich müssen wir die Mannschaft nach zahlreichen Abgängen noch verstärken. Da wir das Spielsystem umstellen und in Zukunft mit zwei Stürmern spielen wollen, brauchen wir in der Offensive personelle Alternativen. Allerdings kann es noch ein paar Wochen dauern, bis der Kader komplett ist, weil der Transfermarkt sich noch sortiert.

Das Präsidium hat das neue Ziel ausgegeben: Bundesligaaufstieg innerhalb von drei Jahren.

Deshalb bin ich ja hier. Ich habe vier Jahre Vertrag und will in dieser Zeit aufsteigen. Vor allem aber müssen wir eine Mannschaft formen, die auch das Zeug hat, sich in der ersten Liga zu halten. Die Entwicklung von Mainz 05 könnte da ein Vorbild sein.

Auf was für Neuverpflichtungen setzen Sie dabei?

Der Ständige Fanausschuss und die AG Stadionneubau des FC St. Pauli haben Innensenator Michael Neumann (SPD) in einem offenen Brief gebeten, die geplante Unterbringung der „Domwache“ der Polizei in der neuen Gegengeraden des Millerntor-Stadions zu überdenken.

■ Zu wenig Platz lautet ein Argument des Fanausschusses: Man brauche die Tribüne dringend für Fanprojekte und das geplante Vereinsmuseum. Auch sei eine zu große räumliche Nähe zwischen Polizei und Fanprojekten unter einem gemeinsamen Dach kontraproduktiv.

■ Als Lösung schlägt der Fanausschuss eine Modernisierung der Domwache oder einen Neubau an angestammter Stelle vor. MAC

Wir wollen nur im Einzelfall Spieler ohne Kaufoption ausleihen und junge, deutschsprachige Spieler verpflichten, die charakterlich passen und gerne genau hier spielen möchten.

Wo liegen Ihre Schwerpunkte?

Neben der Kaderplanung steht für mich im Vordergrund, den Nachwuchs-Leistungsbereich weiter zu entwickeln. Da mangelt es etwa an Trainingsplätzen. Zudem muss die personelle Durchlässigkeit zwischen dem Nachwuchs und der Ligamannschaft erhöht werden, da hier das Kapital des Vereins liegt. INTERVIEW: MAC