Mit Goethe gegen Güterzüge

„Das Publikum kann manchmal so brutal sein!“, sagt Ute Kossmann, die Prinzipalin des Kölner N.N. Theaters über die Open Air-Aufführung des neuen Stücks „Mord will Mord“ nach Aischylos. Im Friedenspark stürmt und regnet es in Strömen, über 200 Zuschauer warten. Doch die Schauspieler zögern. In dünne antike Gewänder gekleidet, sind sie dem Regen gnadenlos ausgesetzt. Sie bieten an: Eintrittsgeld zurück. Doch das Publikum besteht auf der Aufführung. Die Kompagnie beugt sich, spielt und wird mit langem Schlussbeifall belohnt.

“Eigentlich ist das ja die Anerkennung unserer Arbeit“, sagt Kossmann. Eine Anerkennung, die sich die Theatertruppe in der Kölner Heimat schwer erarbeitet habe. Köln sei eben keine Theaterstadt, und wer wie das N.N. Theater kein festes Haus bespielt, werde kaum wahrgenommen. Doch seit einigen Jahren organisiere die Truppe regelmäßig ein mehrtägiges Festival, das habe den Durchbruch gebracht. Das N.N. Theater wurde 1987 als Straßentheater gegründet. Zu den Gründungsmitgliedern gehört auch Irene Schwarz, das wohl bekannteste Ensemblemitglied. In der SAT-1-Comedyserie „Hausmeister Krause“ spielt sie die Ehefrau von Tom Gerhardt. Außer Kossbaum haben alle zwölf Mitglieder weitere Engagements. Drei mischen bei der alternativen Kölner Karnevals-“Stunksitzung“ mit, andere beim Funk oder sie treten im Stadttheater auf.

Beim N.N. Theater machen sie deftiges Volkstheater. Ihr Repertoire sind Klassiker – Goethes „Faust“, „Maria Stuart“ von Schiller oder Shakespeare, ganz neu die Orestie nach Aischylos. „Wir lieben diese großen archaischen Geschichten“, sagt Kossmann. Die wollten sie den Menschen nahe bringen, die „sonst eher nicht ins Theater gehen“. Das Alte wird mit Respekt behandelt. Damit das Publikum aber nicht „abdriftet“, gibt es Anspielungen auf politisches Tagesgeschehen, Slapsticks und Klamauk, vor allem aber Rollen- und Kostümwechsel in Sekundenschnelle. Das ist nötig, denn Regisseur George Isherwood setzt immer nur einen Teil des Ensembles ein.

Auf Tour durch NRW passt das gesamte Ensemble mit Bühnenbild und Ausrüstung in einen Mercedes-Sprinter. Da passen dann auch noch die Instrumente von Antje von Wrochem rein. Die Musik der Multi-Instrumentalistin ist ein wichtiger Bestandteil der Inszenierung. Gegen die Stimmgewalt des Ensembles haben aber selbst vorbei ratternde Güterzüge keine Chance. JÜRGEN SCHÖN

8. bis 10. Juli, 21:00 Uhr, Friedenspark, Köln-Südstadt22. und 23. JuliSchloss Strünkede. HerneKarten: 02202-251617