Gegen Nordmazedonien in der WM-Quali: Die Elf nach Pandev
Nordmazedonien hat sich ziemlich weit hochgekickt. Der Erfolg hat Gründe, aber ob die am Montag gegen die DFB-Elf noch gelten, ist offen.
Ambitionen, sich für große Turniere zu qualifizieren, hat Mazedonien schon lange. Das liegt an den Fußballerfolgen Jugoslawiens und auch an einer gewissen Selbstüberschätzung. In der Regel kam das kleine Land letztlich nie über einen vierten Platz hinaus. In der Qualifikation für die Euro 2020 schafften es Pandev & Co immerhin auf den dritten Platz, hinter Polen und Österreich. So – und dank der Uefa – gelang es Nordmazedonien, sich endlich einen Traum zu erfüllen. Aus dem Keller der Liga D kletterten sie auf die höchste Bühne.
Bei der EM ging dann Nordmazedonien zwar erwartungsgemäß leer aus, aber blamiert hat sich das kleine Land keineswegs. Im Gegenteil: Die Mazedonier boten eine saubere Leistung, hatten phasenweise mehr Spielanteile, und mit ein bisschen mehr Glück und einer besseren Chancenauswertung hätten sie auch bessere Resultate verzeichnen können. Was in der aktuellen Auswahl steckt, bewies sie ja schon vor der EM: beim sensationellen 2:1-Sieg gegen Deutschland in der aktuellen WM-Qualifikation.
Aber dieser Aufwärtstrend ist nicht das Ergebnis einer Strategie oder besonderer Nachwuchsförderung, sondern es kommen nur ein paar günstige Faktoren zusammen. Erstens: Kontinuität, weil der Teamchef nach der ersten missglückten Qualifikation nicht gefeuert wurde. Igor Angelovski blieb vielmehr fast sechs Jahre lang im Amt. Zweitens: Gorand Pandev. Nach seinem Rückzug aus dem Nationalteam 2013 ließ sich der mittlerweile 38-Jährige vom CFC Genua zu einem Comeback überreden. Und drittens: doch der Nachwuchs. 2016 qualifiziert sich die U21-Auswahl erstmals für eine EM unter anderem gegen Frankreich und die Ukraine. Teamchef war damals Blagoja Milevski, der in diesem Sommer neuer Trainer des A-Teams wurde. Nicht weniger als zehn Spieler aus dem damaligen U21-Kader sind mittlerweile im Kader der Nationalmannschaft, manche davon als Leistungsträger.
Der aktuelle Höhenflug ist also kein Zufall, und zugleich ist es fraglich, ob sich das Niveau halten lässt. Pandevs Abgang nach der EM sowie das Fehlen des zweiten Stürmers Ilija Nestorovski (Kreuzbandriss) führten dazu, dass Nordmazedonien in den vergangenen drei Spielen überfordert wirkte. Nach zwei torlosen Unentschieden in den Heimspielen gegen Armenien und Rumänien gab es sogar Pfiffe von den unzufriedenen Fans in Skopje.
Unklare Hierarchie
Mit dem Abschied von Pandev hat Nordmazedonien nicht nur seinen besten Spieler verloren; auch die Teamhierarchie scheint unklar zu sein. Kapitän ist Stefan Ristovski, doch dass der 29-jährige rechte Außenverteidiger sich als neuer Führungsspieler etabliert, ist eher unwahrscheinlich. Weitere Kandidaten sind Arijan Ademi, Kapitän von Dinamo Zagreb, oder Spielmacher Enis Bardhi von Levante. Elif Elmas (22) vom SSC Neapel hat Weltklassepotenzial, aber für die Rolle des Chefs ist er noch zu jung. Und Ezgjan Alioski (29), der für Leeds United spielte, scheint nicht ernsthaft genug. Im Sommer wechselte er nach Saudi-Arabien.
Trotz aller Widrigkeiten ist Nordmazedonien weiter im Rennen um die Qualifikation, auch wenn Teamchef Blagoja Milevski keine Euphorie aufkommen lassen möchte. „Wir befinden uns in einer Übergangsphase mit dem Ziel, für die Qualifikation zur Euro 2024 eine konkurrenzfähige Mannschaft zu formen“, sagt er. „Sollte sich in der aktuellen WM-Qualifikation die Chance ergeben, am Ende Zweiter zu werden, werden wir natürlich versuchen, diese Chance zu nutzen.“
Beim Spiel gegen Deutschland hoffen die Fans in Skopje natürlich auf eine Sensation, wie beim 2:1-Sieg in Duisburg vor sechs Monaten. Es kommen 17.000 Zuschauer, das ist die Hälfte des Fassungsvermögens der Toše-Proeski-Arena. „Es wird ein ganz anderes Match sein als jenes im März“, sagt Milevski. „Wir werden anders spielen und auch Deutschland wird anders spielen.“ Eine Chance sieht Milevski dennoch. „Fußball wäre nicht das, was er ist, wenn immer nur die Favoriten auf dem Papier gewinnen würden.“
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