: Neue Ordnung in Bibliotheken
Eine von Kultursenator Flierl (PDS) eingesetzte Kommission schlägt vor, die Verwaltung der städtischen Bibliotheken zu zentralisieren. Damit könnte man 150 Stellen streichen
Auch wenn die Leistungsfähigkeit der städtischen Bibliotheken sehr unterschiedlich ist und es unter den 101 Büchereien einige lobenswerte Beispiele gibt: Insgesamt ist die Qualität des hiesigen Bibliothekswesens im Vergleich zu anderen Großstädten wenig beeindruckend. Zu diesem Ergebnis kam die Kommission „Neuorganisation der Berliner Öffentlichen Bibliotheken“, die gestern ihren Abschlussbericht vorgestellt hat. Sie schlägt vor, eine übergeordnete Zentrale einzurichten, damit die Arbeit der Bibliotheken effizienter wird. Dadurch könnten laut der Studie rund 150 von derzeit insgesamt 918 Stellen gestrichen werden. Das eingesparte Geld soll in den Etat für Neuanschaffungen fließen, bezirksspezifische Angebote könnten die Serviceorientierung erhöhen. Innerhalb von vier Jahren könnte die Reform umgesetzt werden.
Laut der Expertenkommission, bestehend aus Bezirksvertretern und Führungskräften großer deutscher Bibliotheken, soll der zentrale Dienstleister den bereits bestehenden Namen „Verband öffentlicher Bibliotheken Berlins“ (VÖBB) übernehmen und jene Aufgaben bündeln, die derzeit in jeder Bibliothek separat abgewickelt werden. Von den 196 Planstellen, die in den Bezirken überflüssig würden, könnten lediglich etwa 50 von dem VÖBB übernommen werden.
„Die Bibliotheken als Kultur- und Wissensort müssen stärker im Bewusstsein der Menschen verankert werden“, sagte gestern Kultursenator Thomas Flierl (PDS). Die Vergleichszahlen der Expertenkommission unterstützen seine Aussage. So liegt die Anzahl der Ausleihen je Mitarbeiter in Hamburg bei 27.000, bundesweit sind es im Schnitt 25.000. In Berlin sind es – je nach Bezirk – im besten Fall 23.000, im schlechtesten nur 13.000.
Die Experten schlagen auch eine Erhöhung des Medienetats vor, der die Ausgaben für Neuanschaffungen angibt. Insgesamt 2,5 Millionen Euro betrug der Etat der Berliner Bibliotheken im vergangenen Jahr bei rund 3,4 Millionen Einwohnern. In anderen Großstädten sehen laut der Studie die Zahlen wesentlich besser aus. So liegt der Münchner Medienetat bei 1,25 Millionen Einwohnern ebenso bei 2,5 Millionen Euro wie in Hamburg bei 1,7 Millionen Einwohnern.
Nach der Sommerpause soll eine Arbeitsgruppe aus Senats- und Bezirksvertretern überlegen, wie die Vorschläge umgesetzt werden können; im Herbst sollen dann die Ergebnisse vorliegen. Die neue Ordnung im Bibliothekswesen – wenn sie denn so umgesetzt wird – könnte deutschlandweit durchaus Vorbildcharakter haben, sagte Kommissionsmitglied Hella Schwerner-Martienßen. KARSTEN SCHÜLE
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