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„So kann man nicht mit einem langjährigen Trainer umgehen“

Den Kulturverlust bei Werder beklagt der frühere Bremer Generalintendant Klaus Pierwoß. Eine geplante Ehrung durch den Verein hat er deshalb zurückgewiesen. Vorm Derby gegen den Hamburger SV prognostiziert er eine düstere sportliche Zukunft

Dicke Luft: Vor allem menschlich-moralisch zeigt sich Werder in den Augen von Klaus Pierwoß als Totalabsteiger Foto: Carmen Jaspersen/dpa

Interview Benno Schirrmeister

taz: Herr Pierwoß, sind Sie wegen des Abstiegs sauer auf Werder?

Klaus Pierwoß: Nicht sauer, aber enttäuscht. Es war ein Niedergang mit Ansage. Dafür tragen der Vorstand und der mir menschlich sympathische Frank Baumann die Verantwortung. Beide sollten zurücktreten. Der ökonomische und sportliche Abstieg wäre in den Zeiten von Willy Lemke und „Vize“ Klaus Dieter Fischer nie passiert.

Weshalb haben Sie denn dann so brüsk zurückgewiesen, dass der Verein Sie hatte ehren wollen?

Ich bin seit über 25 Jahren Mitglied bei SV Werder. Dafür hatte man mir eine Auszeichnung angetragen. Die habe ich abgelehnt, weil die Werder-Führung Thomas Schaaf rausgeekelt hat.

Man hatte vorgeschoben, er sei als sportlicher Berater zu teuer, aber ihm zufolge hatte es noch nicht einmal Gespräche über seine Honorar- oder Gehaltsvorstellungen gegeben …

Ich kenne viele Konflikte aus meiner Theaterzeit, aber so wie jetzt kann man nicht mit einem langjährigen Trainer umgehen, der immerhin das Double gewonnen hat, also Meisterschaft und Pokal. Die Veröffentlichung meiner Ablehnung ist das einzige Druckmittel, das ich habe.

Hatten Sie denn als Theaterintendant überhaupt viel mit Thomas Schaaf zu tun?

Ja. Während meiner Intendanz haben immer freitagmittags Teams aus den Geschäftsführungen von Werder und Theater gegeneinander Fußball gespielt. Gelegentlich ist auch Thomas Schaaf dazugestoßen und dann habe ich als Torwart immer eine dicke Packung bekommen.

Fußballspiel mit Historie

Am Samstagabend spielen die Fußball-Profis von SV Werder und Hamburger SV im Weserstadion erstmals in der Zweiten Liga gegeneinander.

Die Erste-Herren-Fußballteams beider Vereine sind bereits 153-mal aufeinandergetroffen, 108 dieser Partien wurden in der Ersten Bundesliga ausgetragen, der Rest waren Pokal- oder Oberliga-Nord-Matches plus ein Spiel um die Norddeutsche Meisterschaft 1927.

Obwohl das Torverhältnis deutlich für den HSV spricht, hat dieser nur 53-mal, Bremen hingegen 59-mal gewonnen.

So etwas verbindet …!

Seitdem sind wir miteinander befreundet. 1999 wurde Thomas Schaaf dann zum Trainer berufen. Damals habe ich eine spektakuläre Aktion gemacht. Henning Scherf und ich sind in Werder-Trikots auf einem Tandem in grünen, weißen und roten Farben vor einem Spiel gegen Eintracht Frankfurt vom Goetheplatz ins Stadion gefahren. Wir haben auf der Aschenbahn – die es damals noch gab – eine Runde gedreht. Das vollbesetzte Stadion war enthusiasmiert. Das war ein öffentlicher Brückenschlag zwischen zwei Kulturen, die sonst nichts miteinander zu tun hatten.

Das hatte schon zuvor eingesetzt: Ich habe noch gemeinsame Auftritte von Ihnen mit Otto Rehagel in Erinnerung …

Ja, das berühmte Foto von ihm im Theaterfrack und mir im Werder-Trikot war ein Ausdruck dafür. Das Foto ist weltweit abgedruckt worden: in Island ebenso wie in Südafrika.

Ein vergleichbares Bild mit Thomas Schaaf gibt es nicht: weil er viel weniger Show-Typ ist als Rehagel?

Thomas Schaaf ist ein Trainer gewesen, den man intellektuell völlig unterschätzt hat.

Foto:Ingo Wagner/dpa

Klaus Pierwoß

79, bis 2007 Generalintendant, brachte Fußball und Theater zusammen.

Und Sie werfen sich jetzt für ihn in die Bresche?

Bei einer Solidaritätsveranstaltung für das von Schließung bedrohte Theater – ich habe immerhin 10 Kultursenatoren überlebt – ist auch mit großer publizistischer Resonanz Thomas Schaaf aufgetreten.

Bräuchte der Verein in seiner Krise nicht eher Ihre mahnende Freundschaft als eine zornige Absage? Lässt sich der Kulturverlust nicht stoppen?

Ich habe den Eindruck, dass Vorstand und Sportdirektor beratungsresistent sind. Wie kann man nur einen Spieler wie Max Kruse gehen lassen? Einen Wiederaufstieg mit denselben Personen halte ich für unmöglich. Das ist kein Aufbruch zu einem neuen Kapitel. Dennoch hoffe ich, dass Werder schnell wieder in der Ersten Liga spielt. Mir ist das damals mit dem Theater ja auch gelungen.

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