Insel mit Worten drauf

Eine Liebeserklärung: Isabel Bogdans kleines Buch „Mein Helgoland“

Kein stehender Felsen, keine Trottellumme, und doch Helgoland: eine Boje am Strand der Düne – und dann das ganze Blau! Foto: Marcus Brandt/dpa

Von Alexander Diehl

Immer wieder: Krüss. Gleich zu Beginn tritt er auf, der vor allem für Kinderbücher bekannte Autor James Krüss – wobei: Ist man dort angekommen, hat man ihn vielleicht schon einmal überblättert. Denn Isabel Bogdan stellt den „größten Geschichtenerzähler der Insel und vermutlich überhaupt bekanntesten Helgoländer“ ihrem eigenen Schreiben voran: Acht Krüss-Gedichtzeilen zitiert sie, übers „grüne Meer“ und einen „mit leichtem Pinsel / Lächelnd wie von ungefähr“ ebenjenen Felsen in die Nordsee getupft habenden Gott.

Nicht nur ins Was führt die lyrische Leihgabe ein, also ins Thema Helgoland, sondern auch ins Wie: Wenn auch nicht gleich irgendwelche mit Menscheneigenschaften versehenen höheren Mächte, so haben doch die Landschaft und ihre Farben Auftritte, „dieses unendliche Blau, oder vielmehr diese unendlichen Blaus“, schreibt Bogdan. „Hellblau, Dunkelblau, Mittelblau, Knallblau“, es folgen 14 weitere Schattierungen, „man findet schon bald keine neuen Vokabeln mehr“.

Das wäre sehr schlecht, käme man wie die Hamburger Autorin und Übersetzerin zum, eben, Schreiben dorthin, wo viele vor allem einkaufen. Denn das ist ja so ein Halbwissensbestand, noch hartnäckiger als des Eilands berühmtester Sohn, der mit den Kinderbüchern: Als zoll- und steuerfreies Tagesausflugsziel ist Helgoland bekannt geworden. Ein Image, gegen das Generationen von Verantwortung tragender Insulaner_innen angearbeitet haben, mit wechselndem Erfolg.

Bogdan ist an der Stelle kein Vorwurf zu machen: Viele Male hat sie die Insel schon bereist, auch mal für mehrere Wochen und im Winter. Denn das geht ja, wenn lange Zeit nur mit richtigen, nämlich Seebäderschiffen, aber nicht, wie von Hamburg-Mitte aus, annähernd seegangsfrei per Katamaran: Sogar „The Shining“-mäßig in einem ansonsten menschenleeren Hotel hat sie dort schon genächtigt, erfahren wir, und dass da eigentlich ein Buch darauf wartet, aufgeschrieben zu werden, davon ist sie ja vielleicht noch zu überzeugen.

Isabel Bogdan: „Mein Helgoland“. Mare, Hamburg 2021. 112 S., 18 Euro

Erstmals also diese, ja, doch: Liebeserklärung in der entsprechenden Reihe des Mare-Verlags, trotz Abwesenheit schöner Fotos eine Art jackentaschentaugliches Coffeetable-Buch also. Für einigermaßen mit Helgoland Vertraute nicht frei von recht Bekanntem, aber Vergnügen bereitet, mindestens so sehr wie das Was, das Wie.

Schreiben kann Bogdan ja, und wenn das der hingetupften Insel zu verdanken wäre: Gott sei Dank.