Bahn frei für Boehringer

FORSCHUNGSZENTRUM Hannovers Stadtrat segnet das geplante Tierversuchslabor ab

Die Firma Boehringer wird im Jahr 2011 eine Tierversuchsanstalt mitten in ein Wohngebiet pflanzen. Verhindern kann das nur noch die ausstehende Sicherheitsprüfung durch das Gewerbeaufsichtsamt oder die Justiz. Denn wie erwartet haben SPD, CDU, FDP und Grüne das umstrittene Projekt im Stadtrat mit großer Mehrheit abgesegnet. Nur vier Gegenstimmen gab es, die kamen von den Linken, eine steuerte die Wählergemeinschaft „Wir für Hannover“ (WfH) bei.

Auf der Zuschauertribüne löste das Ergebnis Proteste aus. Dort saßen 60 Tierschützer und Vertreter der Bürgerinitiative, die sich im betroffenen Stadtteil Bemerode gegen Boehringers Forschungszentrum für Tierimpfstoffe wehren. Die Initiative sammelte 5.500 Unterschriften, die vor der Abstimmung Oberbürgermeister Stephan Weil in die Hand gedrückt wurden. Die Tierschützer hatten sich einst mit zwei Besetzungen des Geländes und Farbbeuteln gewehrt. In Erwartung weiterer Attacken hatte die Polizei vor und im Rathaus alle strategisch wichtigen Punkte besetzt.

Dass es den Mandatsträgern etwas mulmig war, zeigten auch zwei offene Briefe, die SPD und Grüne vor der Ratssitzung auf ihren Homepages platziert hatten. Dort konnten die „lieben Mitbürgerinnen und Mitbürger“ noch einmal nachlesen, dass keine Gefahr besteht, wenn demnächst in der Nähe eines Krankenhauses tausend Schweine mit Krankheitserregern traktiert werden. Die Anlage sei sicher, frei von Geruchs- und Geräuschemissionen und ein Segen für Mensch und Tier.

Aber warum das, was der WfH-Abgeordnete Walter Böning „eine Kadaverfabrik“ nannte, dazu beitragen soll, „Hannover als moderne und attraktive Großstadt zu profilieren“, wie die SPD-Fraktionsvorsitzende Christine Kasting sagte, blieb nicht nur den Boehringer-Gegnern ein Rätsel.

Sollte das Gewerbeaufsichtamt die Anlage absegnen, werden sie den Beschluss vor Gericht anfechten. MICHAEL QUASTHOFF