berliner szenen
: Wie man ein Wochenbett baut

Der Freund meiner besten Freundin ölt seit Wochen das gemeinsame Regal. „Wie macht er das?“, frage ich. „Erst ölt er, dann schleift er, dann ölt er, und dann schleift er wieder.“ „Um die Bücher herum?“ „Es gibt keine Bücher“, sagt sie. „Zumindest nicht im Regal. Die Bretter sind noch einzeln.“ „Oh“, sage ich. „Das dauert ja noch ewig.“ Meine Freundin seufzt.

Wenige Tage später jedoch schickt sie mir ein Foto vom fertigen Regal. „Das ist ja unglaublich!“, sage ich. „Wann kam der Durchbruch?“ „Als das Öl alle war und ich ihn vor die Wahl gestellt habe: das Regal oder ich.“ „Und da hat er sich gegen das Regal entschieden?“ Sie grinst. „Ich war auch überrascht.“ „War denn das Öl überhaupt alle?“ Ich kenne meine Freundin gut. Sie wird rot. „Ich verrate dich nicht“, sage ich. „Es ist wirklich ein schönes Regal.“

Wenig später kommt Martin nach Hause. Er küsst sie und streichelt ihr kurz über den Bauch. „Wann kommt das Baby?“, frage ich. „Termin ist in vier Wochen.“ Er seufzt. „Es ist noch so viel zu tun.“ „Aber das Regal steht doch!“ „Du bist gut“, sagt meine Freundin. „Wir brauchen noch einen Kinderwagen, einen Autositz, ein Tragetuch …“ „Und ich muss endlich das Wochenbett bauen“, sagt Martin. Ich blicke irritiert von einem zu anderen. „Den Witz macht er schon die ganze Zeit.“ „Wieso Witz?“ Jetzt blickt auch meine Freundin irritiert. Er greift ins Regal und holt ein Buch heraus: „Schwanger – was man wissen muss.“ Er blättert zu einem Eselsohr. „Hier: Zur Geburt sollte das Wochenbett vorbereitet sein.“ Meine Freundin und ich prusten los. Als sie ihn aufklärt, nimmt er es sportlich. „Aber wäre es nicht trotzdem schön, ein Bett selbst zu bauen?“ Ihr entsetzter Blick bringt ihn zum Lachen. „Vielleicht nach der Geburt?“ „Von mir aus“, sagt sie. Es ist das erste Kind der beiden. Eva Mirasol