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Wissens-Lager

Die Zeitschrift „Kultur & Gespenster“ steigt hinab in Archive, Depots, Keller und Kammern

Marie Enderlin, eigentlich Zeichnerin am Hamburger Museum für Völkerkunde, sammelte auch selbst – Löffel Foto: Markk

Von Alexander Diehl

Zum Beispiel Marie Enderlin: 1880 in Durlach bei Karlsruhe geboren, war sie ab 1911 Zeichnerin am Hamburger Museum für Völkerkunde. Zuvor hatte sie kurz am örtlichen Museum für Kunst und Gewerbe gearbeitet und davor wiederum einen nicht untypischen Bildungsweg absolviert – nicht untypisch für Frauen aus bürgerlichem Hause: Höhere Töchterschule, Gewerbeschule für Mädchen. In vielen Fällen war so was vor allem, wenn nicht einzig gedacht als Vorbereitung auf eine standesgemäße, eine „gute“ Heirat.

Enderlin scheint Anderes vorgehabt zu haben. Ihre Arbeitssuche fiel in eine Zeit, da der Direktor des Museums eine Arbeitsteilung ersonnen hatte für die Erfassung der immer größeren Bestände: männliche wissenschaftliche Hilfskräfte einerseits, schlechter bezahlte weibliche technische Hilfskräfte andererseits.

Über Enderleins künstlerische, aber auch kuratorische Ambitionen – und was aus ihrer 211 Exemplare umfassenden Löffelsammlung wurde: Darüber schreibt Rahel Wille in der jüngsten Ausgabe der Hamburger Zeitschrift Kultur & Gespenster. Wille war selbst jahrelang wissenschaftliche Mitarbeiterin am inzwischen umbenannten Museum und seit 2019 dort Kuratorin.

Das Heft widmet sich Archiven und Depots und Lagern und allerlei weiteren solcher Lagerstätten nicht immer ethisch einwandfrei erworbenen Wissens, in Museen, aber nicht nur. Das ist mal theoriegesättigt, mal kaum – aber dafür wissen Sie nachher über das Feld der „Archivologie“ Bescheid oder auch den „archival turn“ der 1990er-Jahre –genug jedenfalls für eine Konversation auf den Partys von morgen.

Es geht mal um näher Liegendes – ethnologische Sammlungen, koloniale Tonaufnahmen, Museen, die ihre Depots nicht maximal diskret behandeln, sondern sichtbar machen –, mal um Ferneres: Messies im Reality-TV, Künstlerbücher, ein Archiv der geschredderten Ausstellungskataloge. Und eine strukturierende Fotostrecke trotzt dem Begriff der Sammlung auch inspirierende Facetten ab.

Kultur & Gespenster #21, „Archive & Depots“, 352 S., 16 Euro

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